gleichgültig. Ob der Mensch, der mit diesem Faden genäht wird,
an Wundstarrkrampf oder Blutvergiftung eingeht, ist für ihn ganz
ohne Interesse. Der Arzt mag ja zusehen, wie er es fertig bringt,
dem Faden diese gefährlichen Keime zu nehmen.
Die so hergestellte Waare ist das sogenannte Rohkatgut, also
ein gedrehter Darmfaden, der ohne die Verantwortung irgend einer
massgebenden oder sachverständigen Person gedreht ist.
Nach Kuhn'scheu Vorschriften ist das Rohkatgut zum medi
zinischen Gebrauch vollständig zu verwerfen und je weiter wir in
wissenschaftlicher Hinsicht in die Katgutfrage eindringen, um so
mehr muss man diese Forderung Kühnes unterstreichen.
Hier ist auch die Stelle, wo Kuhn’s neuer Gedanke einsetzt.
Der Darm muss vom Hammel nicht nur sauber entnommen, vor
äusseren Verunreinigungen geschützt, sondern er muss auch sofort
seines Inhaltes entleert und auch weiterhin hygienisch behandelt
werden. Dazu gehört eine ausgiebige Spülung mit Wasser, um
auch die kleinsten Kotteile zu entfernen. Diese Forderung lässt
sich aber nur dann erreichen, wenn das Wasser die Innenwände
des Darmes ausgiebig bespülen kann.
Weil eine Umwendung des Hammeldarmes, so, dass die innere
Wand nach aussen kommt, wie es bei der Reinigung anderer Därme
geschieht, beim Hammeldarm ausgeschlossen ist, wird der Darm der
Länge nach in zwei Teile zerlegt. Wir haben es in der Fabrikation
daher nicht mehr mit einer Röhre, sondern mit zwei Bändern zu
tun. Die einzelnen Darmteile werden dann mit der Schleimmaschine
bearbeitet. Hierbei wird die Schleimhaut mit stumpfen Messern
abgekratzt. Dann folgt die Behandlung der Darmteile mit mehreren
Chemikalien, bis die Fäden schliesslich in abgemessenen Längen in
eine Jodlösung gelangen, worin sie gegerbt und dann auch gedreht
werden.
Während der Friedeusjahre waren auf grossen deutschen
Schlachthöfen in den Darmyerarbeitungs-Anstalten besondere Vor
richtungen getroffen, die Harameldärrae für das Kuhn’sche Katgut
hygienisch zu bearbeiten. Die deutsche Produktion an Hammel
darm reichte aber bald bei weitem nicht mehr aus und man ging
dazu über, auch von den Schlachthöfen anderer Kulturstaaten,
Schweiz, Frankreich, England einwandsfreien Darm zu beziehen.
Der Weltkrieg hat den Handel mit diesen Ländern natürlich
unterbunden und die Industrie ist genötigt, Material aus Bulgarien,
der europäischen und asiatischen Türkei zu verarbeiten. Die Industrie
war also jetzt vor neue Aufgaben gestellt worden.