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pharmazeutische Fachkenntnisse zu sammeln, Friedrich August
Braun war der zweitjüngete Sohn des Hofsattlermeisters Johannes
Braun, eines sechzehnfachen Vaters, welcher die schwere Zeit des
siebenjährigen Krieges in Cassel mit durchgemacht hat.
Cassel gehört zu den wenigen Städten des Deutschen Reiches,
an dessen Mauern die stürmischen Wogen des dreissigjährigen
Krieges abgebrandet waren, ohne das Innere der Stadt zu verletzen.
Im siebenjährigen Krieg aber, als die hessischen Truppen neben
Friedrich dem Grossen in Schlesien gegen Oesterreich siegreich
fochten, rückte der Franzose in das entblösste Cassel ein. Ein
Rauben, Morden, Sengen und Brehnen begann, und was nicht niet-
und nagelfest war, dessen die Eroberer mitgehen. Damals gaben
die Casseler Familien nicht nur alles bare Geld, allen alten Gold-
schmuck, alles Silberzeug für das Vaterland, auch alles Kupfer- und
Zinngeschirr verschwand aus den Casseler Küchen und Stuben.
Damals haben unsere Ahnen kennen gelernt, was es heisst, unter
französischer Herrschaft leben zu müssen, und wer heute spricht, es
sei ihm gleichgiltig, ob der Staat von Deutschen oder Franzosen
beherrscht werde, der versündigt sich an seinen Eltern, der frevelt
gegen sein eigenes Fleisch und Blut. Alle, die so denken, sollten
die Geschichte des siebenjährigen Krieges lesen*) und die Zeit von
1806 bis 1814, sie würden dann erfahren, welche Qualen und
welches Elend die Franzosen über unser hessisches Volk gebracht
haben. Der dreissigjährige Krieg mit allen seinen Opfern an Gut
und Blut hat dem Hessenlande nicht so geschadet, als der sieben
jährige Krieg mit seinem Verderb der Sitten*) und der Kultur in
jeder Beziehung. Damals, im siebenjährigen Krieg und 1806 ist
das Hessenland wirklich arm geworden. Und wenn der liebe Herr
gott nicht ein Wunder geschehen lässt, wird es dem heutigen Volke
noch viel schlechter ergehen als unseren Vorfahren.
Als dann endlich unter der Führung des Herzogs Ferdi
nand von Braunschweig hessische Truppen anrückten und Cassel
belagerten, das von Franzosen verteidigt wurde, benutzten die
Fremden, von aller Einfuhr abgeschnitten, das Mobiliar als Brenn
holz, die Türen wurden zerschlagen, Häuser eingerissen, um Feuerungs
stoff zu bekommen. Es gab in Cassel kein unversehrtes Haus mehr.
Und in der napoleonischen Zeit ist es trotz der Freiheit, die
1789 die französische Revolution gebracht, um keinen Deut besser
1 ) Brunner: Cassel im siebenjährigen Krieg.
Brunner: Geschichte der Residenzstadt Cassel.
2 ) Brunner: Cassel im siebenjährigen Krieg; Seite 189. Auf 6 Kinder
kamen 1762 zwei uneheliche.