Full text: 60 Jahre Melsunger medizinische Mitteilungen

217 
wahrscheinlich in absehbarer Zeit für medizinische Zwecke zur Verfügung 
stehen. 
Zum Schluß sei noch ein Wort zu der Gewebsverträglichkeit der Kunst 
stoffe gesagt: 
Oppenheimer und Druckrey wiesen in ihren Arbeiten nach, daß nach 
Versenkung fast aller Arten von Kunststoff-Filmen in die Bauchhöhle von 
Ratten und Mäusen es nach mehreren Monaten zur Bildung sarkomartigen 
Gewebes kam. Während Druckrey auf Grund dieser Beobachtung den Schluß 
zieht, daß die im Rattenversuch als cangerogen gefundenen Kunststoffe 
für humane Zwecke nicht verwendet werden sollen, schreibt Oppenheimer 
wörtlich; 
„Es muß nochmals betont werden, daß bis jetzt kein Fall berichtet 
wurde, in dem die Versenkung eines Plastikfilms im menschlichen 
Körper zu einem bösartigen Tumor führte.“ 
Hierzu ist zu bemerken, daß in Amerika seit ca. 15 Jahren im größeren 
Maßstab Nylonfäden, Polyäthylen-Folien und auch PVC-Schläuche in der 
Ghirurgie zur Anwendung kommen. Da es sich in Amerika bei fast jedem 
vierten Operierten um einen Krebskranken handelt, müßten bei cangerogener 
Wirkung des Nylons doch mindestens schon Fälle von Metastasen-Bildung 
um den versenkten Fremdkörper im menschlichen Gewebe bei Patienten 
beobachtet worden sein, die an einem Carcinom operiert wurden. 
Wie ich mich jedoch persönlich bei amerikanischen Firmen, die Nylon 
fäden hersteilen, und bei amerikanischen Chirurgen, die diese Fäden ver 
wenden, erkundigen konnte, kann ich die oben erwähnten Angaben von 
Oppenheimer nur bestätigen und die auch von vielen deutschen Wissen 
schaftlern vertretene Ansicht anführen, daß die im Ratten- und Mäusever 
such mit cangerogenen Stoffen gemachten Erfahrungen nicht ohne weiteres 
auf den Menschen übertragen werden können, da es besonders von Ratten 
bekannt ist, daß sie außerordentlich leicht auf Reize der verschiedensten 
Art mit der Bildung sarkomartigen Gewebes reagieren. 
Soweit mir bekannt ist, hat die Kunststoff erzeugende und liefernde 
Industrie in ihren Laboratorien und in neutralen Universitäts-Instituten in 
ganz großem Maßstab Versuche angelegt zur Klärung der Frage, ob über 
haupt und gegebenenfalls welche Art von Veränderungen nach der Implan 
tation von Kunststoffen im tierischen Körper entstehen. Vor Beendigung 
solcher kritischer Versuche ist eine Diskussion über die Gewebsreaktion auf 
Kunststoffe gar nicht möglich. 
Welche Erfahrungen und Beobachtungen über das Verhalten des mensch 
lichen Gewebes gegenüber Nylonnetzgeweben vorliegen, berichtet Vonout in 
seiner Arbeit in Nr. 40 des Zentralblattes für Chirurgie, Jahrgang 78, auf 
die auch Speier anschließend näher eingeht. Auch diese Ausführungen be 
stätigen die Mitteilung Oppenheimers, daß es im menschlichen Körper zu 
keiner pathologischen Gewebsreaktion kommt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.