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das POLYÄTHYLEN. Er wurde erst während des Krieges in Deutschland
und England gleichzeitig entdeckt und durch Polymerisation des verflüssigten
Äthylens unter sehr hohem Druck und unter Zusatz kleinster Sauerstoff
mengen dargestellt. Es ist eine paraffinartige, weißliche, sich fettig anfühlende
Masse, aus der im Spritzgußverfahren Schläuche, Röhren und Folien her
gestellt werden können. Diese sind elastisch, dehnbar und transparent. In
kochendem Wasser erweichen sie und schmelzen bei 110°. Die Sterilisation
der aus Polyäthylen hergestellten Produkte kann also nur auf chemische
Weise erfolgen und wird am besten durch 24-stündiges Einlegen in eine
1—5 °/oige wäßrige Zephirollösung vorgenommen. Die Polyäthylenschläuche
werden, ebenso wie die PVC-Schläuche, zu Kathetern und Drains verarbeitet.
Beermann, Boston, führte zuerst Oesophagus-Prothesen aus Polyäthylen
schläuchen ein, die nach seinen Veröffentlichungen und allerdings noch
wenigen deutschen Erfahrungen sich bisher bewährt haben. Der Einsatz der
Prothese vereinfacht die bisherigen Operationsmethoden am Oesophagus
durch Magenhochlagerung ganz wesentlich und schaltet die spätere Gefahr
der Stenosenbildung aus.
In der Versorgung großer Wundflächen nach Verbrennungen und nach
Entnahme von Hautlappen mit dem Dermatom hat Hegemann die Poly
äthylenfolien wegen ihrer Wasserunempfindlichkeit als besonders geeignet
gefunden. Die Folie deckt die Wunde steril ab, verhindert ein Verwachsen
des jungen Granulationsgewebes mit der Auflage und ist ohne jede chemo
taktische Wirkung.
Ein weiterer Kunststoff, der eine ausgedehnte Anwendung findet, ist
ein POLYAMID, das unter dem Namen NYLON in Amerika von der Firma
DuPont de Nemours, durch Polykondensation von Hexamethylendiamin-Adipat
und in Deutschland unter der Bezeichnung: PERLON, IGAMID oder
SUPRAMID von der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik, Ludwigshafen,
durch Polymerisation von Caprolactam hergestellt wird. Die Polyamide
stehen dem Eiweiß in seiner Konstitution sehr nahe, und demzufolge sind
seine physikalischen Eigenschaften denen der natürlichen Eiweißstoffe Seide
und Wolle sehr ähnlich. Die aus ihm hergestellten Fasern übertreffen jedoch
die natürlichen Produkte durch größere Festigkeit, Geschmeidigkeit und
Elastizität und haben weiterhin den Vorteil, daß sie hydrophob sind und in
Wasser nicht aufquellen. Aus den Schmelzen der Polyamide kann man durch
Auspressen Borsten und Fäden jeglicher Stärke hersteilen. Diese Fäden
fanden sehr schnell wegen ihrer ausgezeichneten physikalischen Eigenschaften
und ihrer Gewebsverträglichkeit als nicht resorbierbares chirurgisches Naht-
material Verwendung, und zwar in drei verschiedenen Formen:
Zuerst als monofiler Faden, der sich jedoch wegen seiner Drahtigkeit
für versenkte Nähte nicht als brauchbar erwies, da die über dem Knoten
abgeschnittenen Fadenenden wie Stachel in das umliegende Gewebe ragten,
einen permanenten Reiz ausübten und in sehr vielen Fällen dadurch zu