Full text: 60 Jahre Melsunger medizinische Mitteilungen

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teilen der Einfpritzungsflellen geimpft, in der Form, daß kleinere Stückchen 
aus dem Gewebe der fchwer erkrankten Hautflelle des Kindes den Ka 
ninchen unter die Haut gebracht wurden. Diefe erkrankten dann am 
vierten bis fünften Tage in der charakteriflifchen Weife mit Kieferkrämpfen, 
Steifigkeiten der Rückenmuskulatur und der Muskulatur der Beine, und 
zwar erkrankten die Tiere entfprechend der Menge des eingeimpften 
Materials in verfchieden (chwerer Weife: Die Tiere, welche mehr 
Gewebe bekommen hatten, gingen an Wundflarrkrampf zu Grunde, die 
f ch wach er Geimpften überftanden die Erkrankung. Nach dem Ausfall 
diefer Verfuche war es abfolut erwiefen, daß die Gelatine, welche 
dem Jungen eingefpritzt wurde, der Träger des Wundflarrkrampfes 
gewefen war. 
Bei diefer kritifchen Beurteilung der Vorkommniffe begleitete K. 
noch eine Beobachtung, die ihm aus feinen Jugendjahren im Gedächtnis 
auftauchte; 
Kuhn hatte in feiner Vaterfladt Afchaffenburg gefehen, daß die an 
Wundfiarrkrampf gefallenen Pferde der Wafenmeiflerei dortfelbfl über 
liefert wurden. Während nun in diefem Betriebe die Weichteile der 
Tiere verfcharrt wurden, wurden die Knochen und gewiffe leimgebende 
Gewebe zur Leimbereitung der Leimfabrik der Afchaffenburger Papier 
fabriken übergeben. Aus der Leimfabrik ging der Leim teils zu Zwecken 
der Papierbereitung weg, teils ging er für andere Verwendungszwecke 
in die Welt. Unter anderem wurde aus folchem Leim, wieder an anderer 
Stelle, Gelatine gemacht, die weiter in den Handel ging. Da es nun 
K. bekannt war, daß ein Leim, wenn er feine Klebefähigkeit nicht ver 
lieren will, nicht auf 100 0 erhitzt werden darf, war es ihm ziemlich 
wahrfcheinlich, daß bei dem Kochen des Leimes gewiffe Keime und vor 
allem die widerflandsfähigen Sporen folcher Keime nicht abgetötet wurden, 
und fo erfchien es ihm fehr wahrfcheinlich, daß die von den tetanus- 
kranken Tieren flammenden Tetanuskeime, welche bekanntlich nach den 
Unterfuchungen von Kitafato 108-120° Temperatur vertragen ( l />> Stunde 
lang) noch lebensfähig in die Gelatine des Handels wandern. 
Kuhn publizierte feine Beobachtungen in der Münchener Medizinifchen 
Wochenfchrift No. 48, Jahrgang 1901 und befchrieb eingehend den 
beobachteten Fall. Nach weiteren klinifchen und experimentellen Beob 
achtungen : 
Kuhn: Tetanus nach Gelatine-Injektionen 
(Therapeutifche Monatshefte 1902, Juni) 
Krug: Tetanus nach Gelatine-Injektionen 
(Therapeutifche Monatshefte 1902) 
wozu auch noch die Mitteilung aus dem hygienifchen Inflitut der Uni- 
verfltät Straßburg kam, nach welcher fafl in jedem zweiten Blättchen der 
käuflichen Gelatine Tetanus (ich befindet, flellte K. die Forderung auf,
	        
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