Erbeben. Aber alles, was reif ist, muß geschnitten
und eingebracht sein. Und so sah ich die Schwestern
erzittern und unter der Schärfe des wabernden
Messers fallen. Näher und näher kam mir der
Bote des Todes. Ein Kühler Schauer des Ver
gehens wehte mich an. Doch war ich bereit, das
Schicksal der Aehren zu erleiden und mit den an
dern im Schwaden niederzusinken.
Flinke, sichelbewehrte Mädchenhände rafften uns
auf und fügten uns in ein festes Band zu enger
Gemeinschaft. Bald lag Garbe an Garbe, vom
hohen Rain bis an die Straße hinunter, die in die
Ferne verläuft, wo die hohen Wälder grünen,
darüber die weißen Wolken am blauen Himmel
stehen. Der Tag wollte sich schon in den Fur
chen zur Ruhe legen, da stellten der Fungbauer
und das Mädchen die Garben auf. daß Hügel au
Hügel sich reihte, und oben daraus saßen wir Aehren
wie schlichte Krönlein des Lebens. Die Sterne der
Mitternacht funkelten auf uns nieder; der Tau der
Frühe näßte uns; die Morgensonne scheuchte den
Nebel, und die Glut des Mittags hauchte uns an.
Auf den Erntewagen getürmt, fuhr uns der Fung
bauer heim in die Scheune. Da lagen wir und
harrten des Tags, der die goldene Last unserer
Körner ans Licht bringen sollte. Doch zuvor kam
das Mädchen mit lachenden Augen im braunen
Gesicht zu uns herauf unters Giebeldach, faßte mich
mit vielen meiner Schwestern und flocht uns zum
Erntekranz. Auch andere aus unserer Sippe nahm
sie hinzu: den stolzen Weizen, die stachelige Gerste
uno den zierlichen Hafer. Dabei vergaß sie des
bunten Geblüms und des würzigen Kräuterwerks
nicht, das an den Rainen wächst. Reich und schön
war die Erntekrone, an farbigen Bändern aus um-
rankter Stange erhöht. So trug sie das Mädchen
am Tage des Erntedankes dem Altbauer zu, der
sie im Garten in den Rasen steckte. Und nun tanz
ten sie alle den Erntereigen, und ich, die beschei
dene Aehre, sah sie in fröhlichem Schwange. Und
der Fungbauer tanzte mit seiner jungen Helferin.
Und spät am Abend, als der Reigen ruhte und
schon der Schlaf die Müden umfing, stand das
Mädchen unter der Erntekrone, träumend vom Tag
und was er gebracht. Da trat, fast schreckhaft für
sie, der Fungbauer aus dem Dunkel heraus, stand
vor ihr und legte mit werbender Geste den Arm
um sie. Da stand ohne Worte seine Frage vor ihr:
Wollen wir nicht alle Ernten unseres Lebens ge
meinsam einbringen? — Sie schwieg und bot ihni
den blühenden Mund, wie sich die Scholle der Saat
bietet, um Frucht für Gottes Geschöpfe zu tragen.