Nie Here von Heinebach / von mmeü Giebel, mbar
Wie überall in deutschen Landen, so betrieb auch
in Heinebach in der Reformationszeit eine „Hexe"
ihre Zauberei. Sie hieß Eyle Weber. Einiges von
ihrem Treiben wissen wir aus einem Bericht des
damaligen Heinebacher Pfarrers — wahrscheinlich
Johann Ellenberg mit Namen. Der Bericht stammt
aus dem Jahre 1533 und befindet sich auf dem
Staatsarchiv in Marburg a/Lahn.
Das erste, was dieser Eyle Weber vorgeworfen
wird, ist, daß sie ein unkirchliches Leben führt.
Seit 3 Zähren hat sie der Pfarrer nicht in der
Kirche gesehen. Da der Pfarrer erst seit 1530 am
Orte ist, sind die Angaben einiger Heinebacher Ein
wohner von Interesse. So sagen der Schultheiß
(= Bürgermeister), Becker Heim, Herwig Lande
feld, Hans Michel und Hermann Kersten aus, daß
die Eyle Webei fünf oder sechs Jahre sich vom
Worte Gottes und von dem Gebrauch der heiligen
Sakramente ferngehalten habe. 2a, damit nicht
genug, sie habe auch die anderen Leute dazu ange
halten, nicht mehr in die Kirche zu gehen.
2n dem Sommer des Jahres 1532, als der Pfar
rer gerade seine Sonntagspredigt hielt, kam Eyle
Weber im Sturm in die Kirche gelaufen, mit einem
„Grasetuch" bekleidet. Zum Verdruß aller Kirch
gänger sei sie unter die Männer getreten und habe
einen Krug in der Hand gehabt. Der Pfarrer hat
sie beim Vogt in der Haydau angezeigt. Beide sind
vor ihr Haus gegangen, um sie zu bestrafen, aber
sie fanden sie nicht.
Ihre ehelichen Verhältnisse waren auch nicht ganz
in Ordnung. Eine Zeitlang lebt sie fern von ihrem
Mann und dann geht sie wieder zu ihm. Sie steht
im Verdacht des Ehebruches. Eine Zeit lang wart
sie bei einem Priester in Rotenburg. Dort hat sie
ihr Mann aufgesucht und ihr im Beisein des Henn
Bruns aus Heinebach ihren Mantel wieder abge
nommen.
Als einmal einige Kinder aus dem Dorf nach
dem Heineberg gehen wollten, fanden sie Eyle
Weber hinter der Hecke sitzend. Sie hielt ihre Füße
im Wasser.
Nun hören wir noch einige Berichte von Heine
bacher Einwohnern über die Zauberei der Eyle
Weber. Der Schultheiß Claus Schmitt erzählt, daß
ihm ein Pferd eingegangen sei. Eyle Weber sei
darauf zu seiner Frau gekommen und habe ihr ge
sagt, daß „etzliche Zauberei" unter ihrem Hause begra
ben liege. Darum fielen ihnen auch alle Nüsse ab!!!
Peter Bruns berichtet, daß er vor einiger Zeit
einen Schaden bei seinen Nüssen gehabt habe. Als
nun Peter nicht zu Hause war, kam Eyle zu seiner
Frau und bot ihr ihre Hilfe an. Hinfort würden
ihr keine Nüsse mehr abfallen. Sie holte ein Krüg-
lein unter ihrer Schürze hervor, in der ein Zauber-
mittel war. Peter gesteht, daß er die Tat der Eyle
für „nichtig" halte.
Hans Wacker sagt aus, daß er vor einiger Zeit
seine Milch „verloren" habe. Da kam Eyle hilf
reich zu ihm, brachte ein Stück Holz von einem
Zaunpfahl unter dem Arme mit. Sie legte es ans
Feuer, so daß es verbrannte. „Die Milch sei ihm
aber nicht wieder geworden."
Jost Möller sah von seinem Leinweberstuhl
aus, daß Eyle vor der Tür bei Peter Bruns ge
standen habe. Sie habe ein weißes Tüchlein auf
der Erde ausgebreitet, es mit den Füßen gemessen,
dann aufgehoben, wieder hingelegt und abermals
gemessen. Darauf habe sie „die Haue" und das
Grabscheit kreuzweise übereinandergelegt und etwas
unter der Schwelle hervorgeholt. Er könne aber
nicht sagen, ob es ein „Tüpfen" Topf) oder
ein Krug gewesen sei.
Heinz Luchenrode berichtet, daß auch ihm die
Milch „verloren gegangen" sei. Da sei Eyle gekom
men, um ihm zu helfen. Heinz, seine Frau und
sein Gesinde sollten abends schlafen gehen, ihr
jedoch die Tür auflassen, damit sie dann „han
deln" könne. Heinz Luchenrode war aber neugierig
und guckte ihr zu. Da bemerkte er, wie Eyle Weber
Holz brachte, ein Feuerchen anlegte und dabei „han
delte". Daraufhin sei sie wieder fortgegangen. —
Heinz Luchenrode wollte sich nun auch erkenntlich
zeigen und ihr etwas bezahlen, darum fragte er
sie: warum es ihm nichts helfen würde, wenn er
ihr keinen Lohn gebe. Sie hat ihn darauf vertröstet,
er solle an einem Donnerstag zu ihr kommen, dann
wollte sie es ihm zeigen. Aber Heinz gab sich damit
noch nicht zufrieden, sondern fragte, wie es dann
zugehen werde. Eyle gab ihm zur Antwort, daß sie
den siohn halb auf eine Wegscheide legen solle,
dann käme der und holte es. Jedoch verriet
sie ihm nicht, wer der .. .. sei. Zum Schluß muß
Heinz L. zugeben, daß es mit seiner Milch nicht
besser geworden fei. Nun will er auch mit ihr
nichts mehr zu tun haben.
Ueber das Schicksal der Eyle Weber ist uns
nichts überliefert worden. Wir dürfen wohl mit
Bestimmtheit annehmen, daß man sie wegen ihres
Aberglaubens nicht als Hexe verbrannt hat, wie das
sonst zu damaliger Zeit so oft der Fall war. Wer
mit dem Leben eines Dorfes vertraut ist, wird fest
stellen können, daß unsere Dorfleute auch heute
noch von weiblichen Perfonen erzählen, welche eine
zauberhafte Kraft besitzen sollen. Sie-können ein
Schwein von Läusen befreien, sie können Vieh
„besprechen" und gesund machen. Sie können aber
auch bewirken, daß einem Bauern ein Pferd ein
geht, wenn er der Weibsperson etwas zu Leide
getan hat. Wenn auch heute unsere Landleute schon
aufgeklärter geworden sind, ganz und gar können
sie sich noch nicht von den abergläubischen Vorstel
lungen freimachen, die ihnen ihre Vorfahren ein
mal erzählt haben. Es gibt immer noch solche, die
Stein und Bein darauf schwören und sich durch
keine Macht der Welt davon abbringen lassen.
Wenn wir uns einmal die Mühe machten, allen
Aberglauben feinerer und gröberer Art zu sammeln,
wir würden staunen, welch eine große Anzahl sol
cher Vorstellungen wir zusammentragen könnten.
‘Bist T)u NS ]/-Mitglied?