1914 und an den jubelnden Glockenklang, der den
kaum glaublichen Sieg über die russische Riesen
armee kündete, und der Führer folgt einem aus
drücklich ausgesprochenen Wunsch des verstorbenen
Feldherrn, wenn er in dieser ans Herz greifenden
Grabrede nicht zuletzt auch der in der Welt einzig
dastehenden Leistungen der deutschen Krieger ge
dachte. Wieder läuteten die Glocken wie vor 20
Fahren, — diesmal nicht mehr nur dem Sieger der
größten Schlachten des Weltkrieges, — diesmal
riefen sie stolze Trauer dem zur großen Armee ein
berufenen Toten nach. Unter dem Donner der Ge
schütze und dem Klang der Nationalhymnen wurde
der Sarg des toten Feldherrn und Staatsober
hauptes in den Turm getragen. Feder, der diese
Stunde am Rundfunk miterlebte, glaubte selbst im
Tannenbergdenkmal zu sein. Es waren Augenblicke
höchster Weihe, als dieser letzte Gruß durch ganz
Deutschland klang und alle Herzen verband.
Nach dem Abmarsch vom Schloßhof in Mel
sungen formierten sich die Gruppen in der Roten-
burger Straße zur Trauerparade, die von Brigade-
führer Dörnemann, Kreisleiter Dr. Reinhardt und
Landrat Freiherrn von Gagern vor dem Rathaus
abgenommen wurde.
Der Bund, den das alte ruhmreiche Deutschland
der Vergangenheit mit dem neuen .hoffnungsstarken
Deutschland der nationalsozialistischen Volksgemein
schaft am 30. Fanuar 1933 geschlossen hatte, war
von sichtbarem Segen begleitet. Als der ehrwürdige
Reichspräsident für immer die Augen schloß und alle
Feinde Deutschlands darauf warteten, daß unser
Reich in eine neue innere Krise geraten werde, setzte
sich der Bolkskanzler Adolf Hitler mit seiner ganzen
Kämpfernatur für den inneren Frieden ein. Deutsch
land blieb nicht führerlos. Durch die Zusammen
legung des Reichspräsidentenamtes mit dem des
Reichskanzlers zeigte die deutsche Reichsregierung
ihre Entschlossenheit, die Einheit Deutschlands zu
wahren. Fn dem Volksentscheid vom 19. August
1934 stellte sich das deutsche Volk einmütig hinter
den Führer und gab ihm somit die Vollmacht, das
Reich zu führen. Fm Kreise Melsungen waren es
fast 99 Prozent der Wähler, die die Frage der
Reichsregierung auf Vereinigung der beiden Aemter
Reichspräsident und Reichskanzler mit „Fa" beant
worteten. Ein neuer Abschnitt deutscher Geschichte
hat begonnen.
Es ist nicht die Aufgabe, hier einen politischen
Fahresrückblick zu halten. Wenn wir aber die
heimatlichen Ereignisse von 1933 bis 1934 betrachten,
so dürfen wir nicht vergessen, daß sie in ursäch
lichem Zusammenhang mit dem politischen Geschehen
im Reich stehen. So ist es verständlich, daß die
Maßnahmen der Reichsregierung zum Aufbau des
nationalsozialistischen Reiches im engsten Heimat
gebiet ihren Ausdruck fanden.
Um das Wort des Führers wahr zu machen,
daß im Winter kein Volksgenosse hungern noch
frieren solle, fand am 15. September 1933 in Mel
sungen eine Besprechung statt. Die Durchführung
des W int erh i lfs w erks wurde in die Wege
geleitet. An 100 opferbereite Partei- und Volks
genossen aus dem Kreise, die Vertreter der Behör
den und der Wohlfahrtsverbände hatten sich im
Kasino eingefunden, um sich zur gemeinsamen Arbeit
zur Verfügung zu stelleu. Kreisleiter Wisch hob in
seiner Begrüßungsrede hervor, daß es das Ziel des
Führers ist, jedem Volksgenossen Arbeit und Brot
zu geben. Aber solange dies nicht möglich ist, be
stehe die Verpflichtung, für die Beseitigung der Not
zu sorgen. Nach aufklärenden Borträgen über die
Organisation der Volkswohlfahrt und die NS.-
Fräuenschaften sprach die Kreis-Frauenschaftslei-
terin, Frau Scherer, über die Organisation des Win
terhilfswerks im Kreise Melsungen. Es wurden
überall in den Gemeinden Ortsgruppen gebildet und
eine einheitliche Sammlung durchgeführt. Die ge
spendeten Lebensmittel wurden in Listen eingetragen
und später von der Kreisleitung abgerufen. Ein
wichtiger Erfolg des Hilfswerks war auch die Be
seitigung des Bettlerunwesens, durch den Zusammen
schluß der Wohlfahrtsverbände wurde jeder einzelne
Volksgenosse erfaßt.
Die wandernde Jugend, die aus ihren Fahrten
durch d.as Hessenland Melsungen berührte, fand hier
bis zum Fahre 1933 nur eine notdürftig einge
richtete Bleibe, die im Laufe der Zeit mehrere Male
ihren Unterschlupf wechselte und zuletzt in einem
kleinen Raum der ehemaligen Steinbachschen Tuch
fabrik untergebracht war. Für größere Wander
scharen konnte selten Uebernachtungsgclegenheit ge
schaffen werden. Seitens der Stadt wurde deshalb
im Juni 1933 die Schulbaracke des Reformreal
gymnasiums, die bis dahin hinter dem Kasino stand
und als Turnhalle diente, auf dem Gelände des
neuen Schulhofes der Stadtschule an der Sand
straße aufgestellt, um als Jugendherberge zu
dienen. Zwei große Räume bilden die Schlafzim
mer für Knaben und Mädchen. In der Mitte liegt
der große Tagesaufenthaltsraum. Es find 30 Betten
(50 Lagerstellen) vorhanden, sodaß die Herberge
stärksten Anforderungen gewachsen ist. Ein elek
trischer Kocher gestattet eigenes Herrichten von
Speisen. Die Herberge ist 'mit Grünanlagen um
geben, sodaß auch der äußere Eindruck ein guter ist.
Auf dem Schulhof stehen die verschiedensten Geräte
zu sportlicher Betätigung zur Verfügung. Vertreter
des Fugendherbergswesens, die die neue Jugendher
berge besichtigten, haben die Unterkunft als muster
gültig bezeichnet.
Für die Melsunger Schützengilde war es eine
große historische Stunde, als ihr am 5. Juli 1933
auf ihren Antrag hin durch den Bürgermeister der
Stadt in feierlichster Weise die im Fahre 1832 ge
weihte alte Bürgergardesahne zu treuen
Händen übergeben wurde. Nachdem die Gilde im
Rathausflur in ihren grünen, ordengeschmückten
Uniformen Ausstellung genommen hatte, ergriff Bür-,
germeister Dr. Schmidt das Wort, um auf den
hohen Wert der Tradition hinzuweisen. Dadurch,
daß die Melsunger Schützengilde um Ueberlassung
der alten Bürgergardefahne gebeten habe, habe sie
anknüpfen wollen an die Vergangenheit. Die Män
ner, die vor hundert Fahren die Bürgergarde grün
deten, waren bereit, ihr Blut und Leben für Stadt
und Vaterland einzusetzen. Auch die Melsunger
Schützengilde habe in den letzten zehn Fahren im
Dienste des Vaterlandes gestanden und Aug und
Hand fürs Vaterland geübt. Er überreichte die
Fahne in der Hoffnung, daß das alte Fahnentuch
geehrt und weiterhin einer guten Sache vorangetra
gen werden möge. Der Führer der Schützengilde,
Dr. Softmann, übernahm die Fahne mit herzliche»
Dankesworten. Das alte Banner werde die Schützen
nun erst recht begeistern, ihren alten Zielen, Vater
landsliebe und Kameradschaft, nachzueifern. Die
Fahne werde jederzeit der Stolz der Schützengilde