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Eberhard: Worms ist eine Wetterwolke für Euch, eine finstere
Wetterwolke, die Unheil dräut und Blitze auf Euch
schleudert.
Luther: Mag sein — doch bricht aus Wetterwolken die Sonne
stets. Und Gottes Sonne siegt. Des seid gewiß!
Eberhard: Ich geh mit Euch vor Geistlichkeit und Kaiser.
Möcht gerne sehn, wie jene Euch anschauen, was für ein
scheel Gesicht sie machen werden. Doch wehe dem, der Euch
ein Haar zu krümmen wagt! Mit meiner Ritterehre steh
ich für Euch ein.
Luther: Hab's nit im Sinn, Schutz zu begehren. Ja, ich halt',
ich wollt Euer Gestrengen mehr schützen, denn Ihr mich
schützen könnt. Denn wer am meisten glaubt, der wird
am meisten schützen. (Er entfaltet ein Schriftstück.) Zu
dem geleitet mich des Kaisers Herold. Und hier, seht,
Ritter, ist mir von Kaiserlicher Majestät für 21 Tage
Geleit und Sicherheit verbrieft gegeben. Seht hier des
Kaisers Unterschrift: Karolus! Doch schützt das Perga
ment mich nit, wo's Gott nit tut.
Eberhard (ruft): Racke! Racke!!
Rucke (kommt): Herr, was befehlt Ihr mir?
Eberhard: Der hochwürdige Doktor Martinus ist mein Gast.
Du sorgst für ihn, als tätest du's für mich! Geh, rüste
ihm sein Pferd! Wir reiten.
Luther: Bin nit zu Pferd. (Zu Racke) Sage dem Wirt,
daß er meine Gesellen weckt. Sie sollen das Rollwäglein
anspannen!
lRacke ab.)
Eberhard: Wer reist mit Euch?
Luther: Des Kaisers Herold: Kaspar Sturm aus Oppenheim,
und mein Freund Justus Ionas samt Diener. (Am Fenster)
Doch es wird Zeit. Da geht der Morgenstern herfür.
Und überm Wald graut schon der Tag.
Eberhard: Wir reisen durch den Odenwald nach Worms.
Doch müßt Ihr erst zu meiner Hausfrau mit und ihr