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glaubt nur, wer's gesehn. Mit meinem Wagen wollt ich
just vorbei und konnt nit vor der Menschenmenge, Herr.
Da hielt ich denn und nahm »ein wenig mit von seiner
Predigt. Und, Herr, das kann ich Euch mit gutem Ge
wissen sagen: so eine Predigt hab ich all mein Lebtag
nit gehört.
Eberhard (zornig): So ketzerisch! Das glaub ich Euch.
Fuhrmann: Ketzerisch! O nein, Herr, nit ketzerisch! Gott
gläubig und gewaltig, Herr!
Eberhard (in höchstem Zorn): Hetzerisch und ketzerisch, sag
ich Euch! Oder — — (argwöhnisch gedämpft) seid Ihr
ein Lutheraner?
Fuhrmann (fest und ernst): Ein Christ bin ich und weiß nur
das, daß meine Fuhre Frankenwein im Hofe drunten
nit solche Wunder wirken kann wie seine Worte. Sankt
Peter kann am ersten heil'gen Pfingstfest die Menge nit
gewaltiger ergriffen haben als dieser Augustinermönch das
Volk. Ein Freudenschauer ging durch alle, durch hoch
und niedrig, als käme die Erlösung.
Eberhard: Vermessen redet Ihr und frevelt an Gott und
seinem hochheiligen Sohn.
Fuhrmann: Der Frevel wär erläßlich als meine kleinste
Schuld.
Eberhard (lauernd): Mich dünkt, Ihr führt noch andere Fracht
denn Wein!
Fuhrmann: Wie meint Ihr das?
Eberhard: Nun, anderen als christkathol'schen Geist — frem
den, unheiligen Geist.
Fuhrmann (gelassen): Daß ich's nit müßt'. Doch wenn auch,
könnt es nur ein guter Geist sein.
Eberhard: Das sagt Ihr mir'so seelenruhig?!
Fuhrmann (schroff): Herr, wollt Ihr mich zum Ketzer machen?
Ihr seid ein Ritter, denk' ich — nit ein Ketzerrichter!
Eberhard (heftig): Du machst Dich selbst zum Ketzer, b ist
ein Ketzer! Pfui dich der Schand, daß du abtrünnig bist!