König Ieromes Karneval
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nicht heben. So hinderten ihn auch seine und des Landes finanzielle
und politische Sorgen nicht, das Geld des Landes weiterhin zu ver
schleudern und zu verprassen. Seine Günstlinge männlichen und weib
lichen Geschlechtes wurden mit Geschenken überhäuft und die Kosten
für die Hofhaltung wuchsen ins Ungemessene. Man hat das lustige Leben
des damaligen Casfeler Hofes mit einem rauschenden Karnevalsfest
verglichen und nicht nüt Unrecht. Man lebte lustig in den Tag hinein,
unbekümmert uin den drohenden Aschermittwoch, dessen Kommen Ferome
aber doch wohl unbestimmt ahnte. Darum hat seine Regierung auch
trotz alles vorübergehenden Glanzes in der Residenz fast gar keine
Spuren und sichtbaren Denkinäler hinterlassen. Trotzdem ein Klenze,
der später dem München König Ludwigs I. seinen künstlerischen Stempel
aufdrückte, an Feromes Hof lebte, war die königliche Bautätigkeit in
Cassel ganz unbedeuteird und beschränkte sich auf ivertlose Flickarbeit, wie
an dem zum Ständepalais umgeschaffenen Museum und am Bellevue
schloß. Auch an Wilhelmshöhe, das seit dem Einzug Zeromes sich den
törichten Namen Napoleonshöhe gefallen lassen mußte, wurde herum
geflickt, während das Riesenschloß des Landgrafen Carl auf dem Winter
kasten zusehends verfiel. Für solche Zwecke hatte Ferome mit seiner
Zivilliste von 5 Millionen Franken kein Geld, obwohl die Hofhaltung
jährlich 7—8 Millionen verschlang. Bon den Künsten wurden nur die
gepflegt und unterstützt, die wie Oper, Theater und Ballet zu unmittel
baren Zwecken des Vergnügens dienten. Durch Reichardts Berufung
zur Leitung der Hofkapelle war anfangs wenigstens die Pflege der
Musik in deutschen Händen, aber nur für kurze Zeit, da der wütende
Franzosenseind bald Cassel wieder verließ, und die Versuche, den großen
Beethoven als seinen Nachfolger zu gewinnen, sich zerschlugen. Seitdem
führte ein eitler Ftaliener Blangini den Dirigentenstab der königlichen
Kapelle, dessen fade süßliche Musik besser zu dem allgemeinen Charakter
der höfischen Lustbarkeiten stimmte. Die dekretierte Napolconsstatue
wurde nach einem Modell des Franzoseil Chaudet am 12. November
1812 als marmorne Brunnenfigur auf dem Casfeler Königsplatz unter
großen Feierlichkeiten aufgestellt, als einzige monumentale Bereicherung
der denkmalsarmen Residenz. Dafür war aber schon längst Nahls Statue
des Landgrafen Friedrichs I!. vom Friedrichsplatz entfernt und ihr
zertrümmerter Marnwrfockel beim Bau des Sitzungssaals der Reichs
stände verwendet worden.
Einen noch viel schmerzlicheren, unersetzlichen Verlust eines ehr
würdigen hessischen Denkmals bedeutete die Vernichtung des alten Land-
Losch, Geschichte des Kurfürstentums Hessen. 5