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Rettung des kurfürstlichen Schatzes
auf deren Eintritt in die französischen Regimenter man immer noch ver
geblich gerechnet hatte. Die beteiligten Ortschaften kamen zumeist mit
dem Schrecken und zmai'.gsweiser starker Bequartierung und Brand
schatzung davon. Selbst Hersfeld, das den Zorn des Kaisers besonders
gereizt hatte, wurde durch den Edelmut des badischen Oberstleutnants
Lingg gerettet, der sich mit einer nur markierten Brandstiftung einiger
alten Häuser begnügte, während feine braven Soldaten auf die Erlaubnis
zum Plündern verzichteten.
Am 13. Januar 1807 konnte Napoleon von Warschau aus an Cam-
bacores schreiben: L’affaire de Hesse-Cassel est terminee, Sie hatte
ihn doch etwas beunruhigt. Mit der verhältnismäßig milden Behandlung
der Insurgenten war er gar nicht zufrieden und war der Einsicht, daß
der Generalgouverneur den Hessen gegenüber eine unbegreifliche Schwäche
verrate. „Um die Schlechtgesinnten in Deutschland in Schrecken zu halten,
muß man sichtbare Spuren hinterlassen", schrieb er und befahl ihm noch
einmal, den Hessen auf das bestimmteste zu verkünden, daß das Hmis
des Kurfürsten niemals mehr zur Regierung kommen werde. Lagrange
war allerdings kein blutdürstiges Scheusal, sein Verhalten in dieser Zeit
war aber weniger durch sein gutes Herz, als vielmehr durch die geheimen
Verhandlungen bestimmt, die der geldhungrige Franzose hinter dem
Rücken seines Kaisers mit den Ministern des Kurfürsten führte und
infolge deren er und der Intendant Lamartilliere gegen ein Trinkgeld von
700000 Franken bei der Rettung des kurfürstlichen Schatzes
die Augen zudrückte. Bei seiner eiligen Flucht hatte ja der Kurfürst
nicht viel mehr als das Hemd auf dem Leibe mit sich nehmen können.
Daß dann in den nächsten Wochen wenigstens der größte Teil des
Haus- und Staatsschatzes in Sicherheit gebracht werden konnte, ver
dankte man der Treue und Entschlossenheit einer Reihe von Männern,
die zum Teil auf recht abenteuerlichen Wegen und Fahrten die teils auf
Wilhelmshöhe und der Löwenburg eingemauerten, teils bei sicheren Per
sonen deponierten Schätze und Wertpapiere außer Landes brachten. Das
auf der Sababurg verborgen gewesene Silbergeschirr ging freilich mit
manchen anderen von den Franzosen geraubten Kostbarkeiten verloren,
den Hauptbestandteil seiner Kapitalien konnte aber der Kurfürst, der
namentlich der Hilfe des dafür zum Major beförderten Hauptmanns
Men sing') dabei viel verdankte, nach und nach im Gottorper Schlosse
') War auch an dem Soldatenaufstand der Gegend von Spangenberg be
teiligt und blieb nach seiner Rückkehr miss Holstein einer der sichersten Vertrauens
leute des Kurfürsten in Hessen.