Beschlagnahm« des kurfürstlichen Vermögens
437
gefährliche Agitation unterhalte, deren Fäden in dem sog. Hietzinger
Komitee zusammenliefen. Trotz redlichster Bemühungen seiner Spione
gelang es Bismarck freilich nicht, die wirkliche Existenz dieses sagen
haften Komitees nachzuweisen, er setzte sich aber in seiner Parlaments
rede mit dem berühmten Worte darüber hinweg, daß er über juristische
Zwirnsfäden nicht stolpern werde, und scheute sich nicht, die ihren ver
jagten Fürsten ins Exil gefolgten Getreuen als „bösartige Reptilien" zu be
zeichnen, die man nicht mit Glacehandschuhen anfassen könne, sondern bis
in ihre Löcher hinein verfolgen müsse, ohne Scheu, sich daran die Hände
zu besudeln. Der Treppenwitz der Weltgeschichte hat dafür gesorgt, daß
dieser Schimpfname nicht an den Verunglimpften, sondern an ihren aus
den beschlagnahmten Geldern besoldeten Verfolgern haften blieb.
Fn Wirklichkeit konnte man dem hessischen Kurfürsten außer seinem
in der Denkschrift niedergelegten Protest gegen die Annexion und seiner
in anderen Kundgebungen wiederholt ausgesprochenen Hoffnung auf
Wiederherstellung des gebrochenen Rechtes keine Konspiration oder
feindselige Handlung gegen Preußen nachweisen, wie er selbst denn auch
noch iin Eingang seiner vom 22. Mai 1872 datierten letzten Willens
äußerung feierlich versicherte: „Zm Angesichte unseres in Gottes Hand
stehenden Todes wollen wir es hier nochmals bezeugen, daß wir nie
mals eine Feindseligkeit gegen Preußen auch nur im Entferntesten vor
der im Jahre 1866 geschehenen Annexion im Schilde geführt haben, noch
auch nachher anders als frei und öffentlich durch das Wort gerechter
Klage auf den uns durch Gottes Gnade zustehenden unveräußerlichen
Rechten beharrt haben."
Die Beschlagnahme war ein einfacher Gewaltsakt und wurde als
solcher auch allgemein, nicht nur in Hessen, empfunden. Daß der gegen
diesen „empörenden Treue- und Vertragsbruch" von seiten des Kurfürsten
erhobene abermalige Protest dennoch wirkungslos verhallte, verstand sich
nach Lage der Dinge von selbst.
Mehr noch als die Beschlagnahme selbst gab die Verwendung der
dadurch erworbenen Gelder Anlaß zu Kritik und gerechter Beschwerde.
Rach dem Wortlaut des Konfiskationsgesetzes sollten diese Gelder, ab
züglich der geringfügigen Kosten der Beschlagnahme und Verwaltung,
zur Überwachung und Abwehr der gegen Preußen gerichteten Unter
nehmungen des Kurfürsten und seiner Agenten dienen. Der Begriff
dieser Gesetzesworte wurde nun von der preußischen Regierung insofern
sehr weitherzig ausgedehnt, als sie, da mit dem besten Willen keine
feindseligen Unternehmungen des Kurfürsten nachzuweisen waren, die