Full text: Geschichte des Kurfürstentums Hessen

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Preußisch-Hessische Rüstungen und ihr Ende. 
ernannt, die sich bei Fulda konzentrieren sollte. Orders und Gegen 
orders jagten sich von Berlin aus, und nur mit Widerwillen besorgte 
der Kurfürst die durch die zweifelhafte Politik des Berliner Kabinetts 
verworrenen militärischen Geschäfte, um so mehr als ihm die Preußen 
durch die Zuteilung eines Militärattaches in der Person eines Majors 
v. d. Knesebeck einen unbequemen Aufpasser geschickt hatten, der sich 
auch in die hessische Heeresorganisation mischen wollte. Anfangs De 
zember marschierten preußische Truppen durch Cassel, mn sich mit den 
Hessen zu vereinigen. Zn dieser aufs äußerste gespannten Lage wurde 
der Kurfürst nach Berlin eingeladen, ivo man ihn aber diesmal durch 
starke finanzielle Forderungen für eine Kriegsanleihe verschnupfte, und 
als er darauf nicht eingehen wollte, ziemlich kühl behandelte. Zn- 
zwischen war jedoch die Entscheidung schon in der Dreikaiserschlacht bei 
Austerlitz gefallen. Anstatt die Kriegserklärung abgegeben zu haben, kam 
der preußische Minister Graf Haugwitz niit einem französisch-preußischen 
Bündnis in der Tasche aus Brünn zurück. Der Kurfürst hatte mit 
seinen Ahnringen recht behalten, die Berliner Kriegspartei hatte wieder 
einmal umsonst init dem Säbel gerasselt, und Preußen, das eben noch 
um englische Subsidien bettelte, war durch die Anerkennung der han 
noverschen Beute an die Franzosen gefesselt. Niedergeschlagen kehrte der 
Kurfürst anfangs Zanuar 1806 nach Cassel zurück, und sein preußisch 
hessisches Korps löste sich auf. Es war sein letzter Besuch in Berlin, 
das er seitdem mied. 
Nun endete auch die Affäre T a y l o r, die so lange glücklich durch 
gehalten war, damit, daß der König von England seinen Gesandten 
von Cassel abberief, während sein französischer Kollege Bignon, der 
Cassel wirklich verlassen hatte, triumphierend dorthin zurückkehrte. Not 
gedrungen mußte Hessen auf Besserung seiner Beziehungen zu Frank 
reich bedacht sein. „Der Kurfürst soll wissen, daß ich der Mächtigere 
bin, ich kommandiere an 40 Millionen und werde ihni nichts vergessen", 
hatte Napoleon dem hessischen Gesandten v. d. Malsburg in Paris zu 
gerufen. Er hatte Recht, der kleine hessische Kurfürst konnte ihm allein 
nicht widerstehen, er mußte sich fügen, aber er tat es nur mit dem 
äußersten Widerwillen, und sein ganzer Groll über diese Zwangslage 
richtete sich gegen Preußen. Der Arger warf ihn auf das Gichtlager, 
und zum ersten Male seit 42 Zähren konnte er an dem Frühjahrs 
exerzieren seiner Truppen nicht teilnehmen. Man muß die damalige 
Stimmung des Kurfürsten, wie sie sich in seinen Tagebüchern kundgibt, 
kennen, um seine Haltung in dieser kritischen Zeit unb namentlich im
	        
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