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Die Rumpenheimer Agnaten Der Thronfolger
verstand. Die beiden ältesten Töchter Friedrich Wilhelms Auguste und
Alexandrine waren mit dem Grafen (spätern Fürsten) Ferdinand von
Fsenburg-Wächtersbach und dem Prinzen Felix von Hohenlohe-
Oehringen verheiratet. Durch die Vermählung der jüngsten Tochter
Marie mit dem Prinzen Wilhelm von Hessen-Philippsthal-
Barchfeld im Fahre 1857 wurde ein neues Band mit diesem Seiten
zweig des Fürstenhauses geknüpft, das aber nicht genügte, die durch die
inorganatische Ehe des Kurfürsten entstandene Isolierung seines Hofes
aufzuheben.
Bon den sog. Rumpenheimer Agnaten, den Nachkommen des
Landgrafen Friedrich (-ß 1837, vgl. S. 220), lebte nur dessen jüngster
Sohn, der alte Prinz Georg, in Cassel, während sein Bruder Land
graf Wilhelm sein dänisches Adoptivvaterland nur zu zeitweiligen
Besuchen in Numpenheim verließ. Dessen einziger, am 26. November
1820 zu Cassel geborener Sohn Prinz Friedrich Wilhelm
(gewöhnlich nur Friedrich genannt) war der voraussichtliche Erbe des
hessischen Kurhutes. Als Sohn der dänischen Prinzessin Charlotte war
er auch der nächstberechtigte Anwärter auf den dänischen Thron, und
seine nahe Verwandtschaft mit dem russischen Kaiserhaus (er war in
kurzer Ehe mit Alexandra, der Tochter Nikolaus I., verheiratet gewesen,
die ihm im Wochenbett starb) sicherte diesen Ansprüchen einen starken
Rückhalt. Am 18. Juli 1851 verzichtete Prinz Friedrich indessen auf
die dänische Thronfolge zugunsten seiner Schwester, der spätern Königin
Luise, die mit dem Prinzen Christian von Glücksburg, dem Sohne der
hessischen Prinzessin Luise Caroline, verheiratet war und diesem die Krone
verschaffte. Prinz Friedrich erhielt dafür dänischerseits. den Titel „König
liche Hoheit", den aber der Kurfürst nicht anerkannte. Erst 1854 er
hielten die Nachkommen der Landgrafen Carl und Friedrich in Hessen
den Titel „Hoheit". Am 26. Mai 1853 schloß der hessische Thronfolger
einen zweiten Ehebund mit Anna, der siebzehnjährigen klugen und
schönen Tochter des Prinzen Carl von Preußen, Bruders des Königs.
Auch diese Hochzeit eröffnete dem Prinzen eine neue günstige Familien
verbindung, die für Hessens Zukunft bedeutungsvoll zu werden ver
sprach. Damals tauchten auf einmal Gerüchte auf von einer Absicht
des Kurfürsten, zugunsten des Prinzen aus den Thron zu entsagen.
Diese Gerüchte, gegen die die „Casseler Zeitung" sofort entschieden
Stellung nahm, konnten nicht dazu beitragen, das sowieso recht kühle
Verhältnis des Prinzen zu dem Chef des Kurhauses wärmer zu ge
stalten, den schon der Gedanke an einen ständigen Aufenthalt des