Allgemeine Opposition gegen Hassenpflug
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Zu den Ministern gesellte sich eine Anzahl alter Anhänger Hassenpflugs,
vor allen August Vilmar, der Ministerialreferent und neben Hassen
pflug die bedeutendste Kraft der neuen Regierung wurde.
Hassenpflugs Wiederauftreten in Cassel nach dreizehnjähriger Ab
wesenheit wirkte wie das Einschlagen einer Bombe und hatte zunächst
die Wirkung, daß der Streit zwischen Konstitutionellen und Demokraten
einen, vorläufigen Waffenstillstand Platz machte. Von beiden Parteien
wurde Hassenpflug mit dem ganz richtigen Gefühl empfangen, daß nun
ein Kampf auf Leben und Tod angehen werde. Selten hat wohl ein
Ministerium unter schwierigern Umständen die Zügel der Staatsver
waltung ergriffen, und es gehörte die ganze furchtlose Entschlossenheit
(die Gegner nannten es Frechheit) dieses unbeugsamen Charakters da
zu, um nicht vor der Aufgabe zurückzuschrecken. Alles, was in den
beiden letzten Fahren in Hessen an Bedeutung gewonnen hatte, stand
gegen das Ministerium: Ständekammer, Beamte, Presse, Vereine, Volks
versammlungen, alle waren zum Kampfe bereit gegen den Mann, dessen
Name durch seine frühere energische Verwaltung sowie durch seine Be
kämpfung aller liberalen Elemente in Hessen und in ganz Deutschland
bekannt war. Maßloser, fanatischer Haß trat ihm besonders in der
Ständekammer entgegen, die ihm gleich den einst in Berlin geprägten
Ekelnamen Hessenfluch entgegenschleuderte und ihn, ohne die geringste
Äußerung seiner Absichten und Pläne abzuwarten, mit einem geharnischten
Mißtrauensvotum begrüßte. Dabei trat Haffenpflug zunächst mit großer
Vorsicht und Mäßigung auf. Fn einer von den Zeitungen veröffentlichten
Unterredung mit dem Bürgermeister Henkel erklärte er: Er sei weit
von dem Gedanken entfernt, hier mit Staatsstreichen regieren, die be
stehenden Gesetze und Einrichtungen und vollends die Verfassung an
tasten zu wollen. Seine Absicht sei, eine tüchtige Verwaltung zu führen
und das Recht zu sichern. Straßenexzesse aber werde er unter keiner
Bedingung dulden. Er wünsche, daß man ihm Zeit lasse, durch die Tat
zu beweisen, daß nur das Wohl des Landes das Ziel seines Strebens
sei. Fn demselben versöhnlichen Sinne war auch die programmatische
Erklärung gehalten, die Hassenpflug an der Spitze des Ministeriums am
26. Februar in der Ständekammer abgab, nachdem er hocherhobenen
Hauptes zu Fuß durch die angesammelte Volksmenge zum ersten Male
wieder den Weg zum Ständehaus geschritten war. Es hieß darin, „daß
als Grundlage unserer Tätigkeit eine andere sich nicht darbieten kann
als die durch die Verfaffungsurkunde und die bestehenden Gesetze ge
gebene". Diese Erklärung war wohl ehrlich gemeint, wurde aber von