Full text: Geschichte des Kurfürstentums Hessen

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Der Kurfürst und das Ministerum Eberhard-Wippermann 
geißelte den Verrat der „kurhessischen Preußen" und schloß init dem 
Nachtwächterruf: 
Es ist vollbracht! Kurhessen, gute Nacht! 
Bewahrt euer Feuer und euer Licht, 
Bis der große preußische Brand ausbricht. 
Ain 6. August trat dann Kurhessen dem Dreikönigsbündnis in aller 
Form bei. Es war die letzte politische Aktion des Märzminister des- 
Auswärtigen v. Schenk. 
Kurfürst Friedrich Wilhelm schloß sich dem Berliner Bündnis 
damals nicht ungern an, weil es ihm bei der allgemeinen Zerfahrenheit 
der deutschen Verhältnisse und angesichts der geographischen Lage Kur 
hessens zwischen Preußen und Hannover einen dankenswerten Halt ver 
bürgte. Aber er betrachtete das Abkommen von vornherein nur als ein 
provisorisches Interim bis zu einer definitiven Regelung der deutschen 
Gesamtverfassung und unterschied sich in dieser Hinsicht sehr von seinen 
Ministern, die die Union ganz im Radowitzischen Sinne zur kleindeutschen 
Hegemonie Preußens ausgestaltet wissen wollten. Das mar aber nicht 
der einzige Differenzpunkt. Eine tiefe Kluft der Anschauungen trennte 
den Fürsteil von den ihm aufgezwungenen Räten, die ilun schon fast 
1 Vs Jahre lang die Geschicke des Landes leiteten. Überbrückt wurde 
diese Kluft in den häufigen Fällen des Konflikts (d. h. wenn der Kur 
fürst sich weigerte, dem märzmiilisteriellen Willen untertan zu sein) durch 
die jedesmaligen Entlassungsgesuche der Minister einerseits und anderer 
seits durch die Unmöglichkeit, in der sich der Kurfürst nach der gegebenen 
Sachlage befand, andere ihm gcuehine Minister zu gewinnen. Das erste 
Entlassungsgesuch Eberhards im Januar 1849 hatte zur Folge, daß 
die Stände in corpore die Beibehaltung des Ministeriums forderten, 
und diese Forderung war durch Volksailsammllingen auf dein Friedrichs 
platz in drohender Weise uilterstützt und erreicht worden. Nach dem 
Abschluß des Dreikönigsbüiidnisses schien ein günstigerer Moment für 
einen Ministerwechsel zu sein. Der Kurfürst beging aber den großen Fehler, 
durch ein Abkommen mit dem König von Hannover sich militärische Unter 
stützung für etiva ausbrccheilde Unruhen zu sichern, erreichte damit aber 
nur, daß diese Abmachung einen ungünstigen Eindruck namentlich aus 
das hessische Offizierskorps machte, das mehr uild mehr eine politische 
Färbung in liberaler Schattierung anzunehmen begairn. Und als am 
7. Auglist die Minister ihre Entlassung forderten unb diesmal auch 
wirklich erhielten, da waren alle Versuche des Kurfürsten, aus den 
Räten und Referenten ein Ubergangsministerium zu bilden, erfolglos.
	        
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