Musik. Theater. Schöne Literatur.
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Herrn besonders gepflegten Gesundbädern, von denen Wilhelmsbad und
Nenndorf ihm allein ihre Gründung und damalige Blüte verdankten.
Eine minder freigebige Hand hatte Kurfürst Wilhelm für die Kunst
der Musik und des Theaters. Die kostspielige italienische Oper, das
Ballett und die französische Komödie waren gleich nach seinem Re
gierungsantritt aus Cassel verschwunden, und was die oft wechselnden
Wandertruppen durch Aufführung deutscher Schau- und Singspiele
boten, konnte keinen genügenden Ersatz für die ehemalige Blüte der
dramatischen Kunst unter Landgraf Friedrich II. geben, wie auch das
in der Himmelfahrtsnacht 1787 abgebrannte Komödienhaus nicht wieder
errichtet wurde. Dafür dursten die Schauspieler zuweilen auf dem Natur
theater der in neuzeitlichem englischem Gartengeschmack völlig erneuerten
Aue spielen. An der Spitze des Casseler dramatischen Kunstlebens stand
der vielseitige, als Dichter, Schriftsteller und Komponist begabte David
v. Apell. Die meisten übrigen, unter Friedrich II. so zahlreichen Casseler
Komponisten waren ins Ausland gezogen, wie Kalckbrenner, dessen
Sohn einer der größten Klaviervirtuosen seiner Zeit wurde. Zur jüngeren
Generation gehörte der Komponist und Musikschriftsteller Grosheim,
der später die Biographie seiner Landsmännin, der in der ganzen da
maligen Welt gefeierten Gesangskönigin Mara schrieb.
Auch die schöne Literatur in Hessen erfreute sich keiner sonder
lichen Blüte. Das war schon unter Friedrich II. ebenso gewesen, wo
die Reimereien des in Gleims Fußstapfen hinkenden Dichtergrenadiers
Tobias Dick den ärmlichen hessischen Helikon kennzeichneten. Kriegerisch
soldatische Töne hatten auch Wigand und Casparson angeschlagen, beide
Lehrer am Kadettenkorps, von denen Casparson sich größere Verdienste
durch Herausgabe der mittelhochdeutschen Willehalmhandschrift der
Casseler Bibliothek erwarb. Ein tapferer Soldat der amerikanischen
und brabantischen Feldzüge, Zägerhauptmann v. Miinchhausen, wurde
als Mitherausgeber des Bardenalnranachs der Teutschen der Banner
träger der Skaldenpoesie in Hessen mit ihrer Schwärmerei für eine
selbsterfundene Mythologie des deutschen Altertums, die erst durch die
späteren Forschungen der Brüder Grimm endgültig vernichtet wurde.
Frische Zägerlieder dichtete der in seinem Berufe ausgezeichnete Mar-
burger Oberforstmeister v. Wildungen. Er gehörte zu einem Marburger
Literatenkreis, der sich um Zung-Stilling gruppiert hatte und nach dem
Tode des Professors Engelschall in Carl Wilhelnr Zusti für längere
Zeit sein tonangebendes Haupt verehrte. Dieser fleißige Vielschreiber
entfaltete eine ausgedehnte Tätigkeit auf allen möglichen Gebieten der