Full text: Geschichte des Kurfürstentums Hessen

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Zusammentritt der Ständeversammlung 
Anklage wegen Verläumdung lind Beleidigung der Regierung aus ihren 
Reihen entfernt worden. 
Am 13. März trat die vor drei Wochen vertagte Ständever 
sammlung wieder zusammen. Sie hatte sich merkwürdig schnell ver 
ändert, erhielt auch in Ludwig v. Bau mb ach und Schwarzenberg 
ein neues Präsidium. Eine Anzahl der Anhänger des alten Regimes, 
namentlich von den Adeligen, zog es vor, überhaupt nicht wieder zu 
erscheinen, und wurde einfach im Protokoll gestrichen. Andere unter 
zogen mit mehr oder minder Geschick und Schnelligkeit ihre bisherigen 
Anschauungen einer gründlichen Revision. Der Grebe Knobel von 
Ehlen, ein alter verbissener Gegner Scheffers, dessen Bauernschlauheit 
einst durch des Ministers Vorwurf, ein Fremdwort nicht verstanden zu 
haben, bitter gereizt worden war, dankte „dem gerechten Richter der 
Fürsten wie der Völker, daß er in seiner wunderbaren Allmacht das 
Reich der Willkür und des Machtgebiets gestürzt und die einem biedern 
Volke von feilen Knechten der Finsternis und Despotie schmachvoll ge 
schmiedeten Ketten gesprengt habe". Henkel, der Anreger des Doppel 
denkmals für die kurfürstlichen Gründer und Erhalter der Verfassung, 
entwarf eine Liste von Vorschlägen zur Verbesserung der Verfassung, 
die so lang war, daß man eigentlich nicht verstehen konnte, wie dies 
in fast allen seinen Paragraphen so reformbedürftige Grundgesetz sich 
so lange der allgemeinen Wertschätzung hatte erfreuen können. Einer 
der ersten mit allgemeinem Beifall begrüßten Anträge ging dahin, die 
„Exminister" Scheffer und Motz nach beliebtem Muster in Anklagezu 
stand zu versetzen. Dein widersprach ja nun einigermaßen die dem Kur 
fürsten abgedrungene allgemeine Amnestie, und deswegen beeilte sich der 
Abgeordnete Kraus, um sich von dem auf ihm ruhenden Verdacht der 
Anhängerschaft an das gestürzte Ministerium zu befreien, den rigorosen 
Antrag zu stellen, die beiden Minister von dem Amnestiegesetz ausdrück 
lich auszuschließen. In der Parteigruppierung der Ständekammer schied 
sich die Gruppe der radikalen Demokraten mehr und mehr von den 
konstitutionellen Liberalen, die aber immer noch über die überwiegende 
Mehrheit der Stimmen verfügten. 
Unter den neugewählten Abgeordneten der Kammer erschien auch 
nach fünfzehnjähriger Abwesenheit wieder Sylvester Jordan als De 
putierter der Städte des Schwalmstromes. Am 20. März hielt er seinen 
Einzug in Cassel. Seine Freunde hatten einen Aufruf verbreitet, der 
an die Klange Kerkerhaft Jordans erinnerte und betonte, daß die zer 
rüttete Gesundheit des Dolksmannes durch die Stürme der letzten Tage
	        
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