Full text: Geschichte des Kurfürstentums Hessen

Henkels Denkmalsantrng 
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minister v. Motz den günstigen Stand des Staatshaushalts schildern, der 
es ermöglichte, daß nur drei Achtel der Staatseinnahmen durch Steuern 
aufgebracht werden mußten. So konnten die Bezüge der meisten Be 
amten und Offiziere erhöht werden, und anstandslos bewilligten die 
Stände sogar den nicht ohne Grund wenig beliebten Zensurbeamten 
besondere Zuschüsse für ihre Tätigkeit. Geradezu überraschend wirkte 
es aber, als bei der Beratung der Finanzen der Deputierte Henkel 
den längst vergessenen Plan eines Denkmals für Wilhelm II. wieder zur 
Sprache brachte und dazu ben Antrag stellte, statt des 1830 beschlossenen 
Standbildes für den Geber der Verfassung, ein Doppeldenkmal für 
Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm I. zu errichten. Denn der verewigte 
Kurfürst habe sich zwar große Verdienste durch Gründung der Verfassung 
erworben, aber sein Sohn und Nachfolger habe sich nicht minder durch 
Erhaltung und Entwicklung des Grundgesetzes um das Land verdient 
gemacht. Unter seiner Regierung seien fast alle organischen Gesetze er 
schienen, ivelche zur Ergänzung und Verwirklichung der Verfassung 
dienten. Der Antragsteller gab dann ein kurzes Resume über all die 
segensreichen Gesetze und Verbesserungen, die man der Zeit der Mit 
regentschaft verdankte, und schloß daraus, daß diese Verdienste ebenso 
sehr zur Dankbarkeit gegen den gegenwärtigen Regenten verpflichteten, 
als gegen den verewigten. Der Vater habe das Werk gegründet, der 
Sohn es zur Ausführung und Vollziehung gebracht. Darum gebühre 
beiden der Dank des Landes in der Gestalt eines gemeinschaftlichen 
Denkmals. Nach all den zahllosen Anklagen wegen Verfassungsver 
letzung, die in den letzten siebzehn Jahren in der Kammer erhoben 
waren, nachdem sogar der gegenwärtig tagende Landtag seine Sitzungen 
mit einem Antrag auf Herstellung eines verfassungsmäßigen Rechtszu 
standes eingeleitet hatte, mußte dieses Loblied auf die Mitregentschafts- 
zeit namentlich aus dem Munde eines Mannes überraschen, der mitten 
in den Reihen der Opposition stand, und den mancher zwar für einen 
exaltierten Querkopf, niemand aber einer unaufrichtigen Schmeichelei 
für fähig hielt. Auf Vorschlag des Präsidenten Trott wurde Henkels 
Antrag einem besondern Ausschuß überwiesen, der durch den liberalen 
Abgeordneten Schwarzenberg die Errichtung des Doppelstandbildes mit 
derselben Begründung marin empfahl. Zur Ausführung ist es nie ge 
kommen'). Ein paar Tage später, am 22. Februar 1848, wurde die 
') Der Kuriosität halber sei erwähnt, daß 22 Jahre später der pensionierte 
Landbaumeister Spangenberg den Denkmalsplan in seiner Schrift über den kur- 
hessischen Staatsschatz wieder aufgriff und ein Kolossaldenknial Wilhelnis II. auf den
	        
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