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Mimsterwechsel Hassenpflugs Abgang 1837
die jungen Scholleys in diese Korporation einzuführen, mißlungen. Schon
ihre Nobilitierung unter dem Namen eines althessischen Geschlechts, das
im Weibesstamm noch fortlebte, hatte Anstoß erregt. Daß Trott als
Obervorsteher der Ritterschaft nicht für die Aufnahme seiner Stiefsöhne
eingetreten war, mochte den Kurprinzen verstimmt haben. Schließlich bot
eine Indiskretion, die er sich aus den Berliner Gesandschaftsberichten
erlaubt hatte, die Veranlassung zu seinem Sturz. Georg Ferdinand
v. Lepel, ehemals Gesandter Wilhelms I. am Wiener Kongreß und
Bundestag, dann jahrelang als Frankfurter Bürger Vorsitzender des
gesetzgebenden Körpers der freien Stadt, wurde nun im Mai 1836
Minister des Auswärtigen und des kurfürstlichen Hauses. Auch der
Kriegsminister v. Hesberg, kränklich und des langen Haders müde,
nahm am 1. September seine Entlassung und überließ es seinem Vor
gänger und nunmehrigen Nachfolger Loßberg, sich weiter mit den
Ständen um den Militäretat zu streiten.
Hassen pflüg selber war nun über fünf Fahre lang auf seinem
vielbekämpften Ministerposten. Man hatte gesehen, wie er in den par
lamentarischen Ferien rastlos bemüht gewesen war, durch Reiseir im
Lande allenthalben nach dem Rechten zu sehen, Anregungen zu geben
und Verbesserungen auf allen Gebieten einzuführen. Nachdem alle gegen
ihn gerichteten Anklagen abgewiesen waren, schien seine Stellung fester
als jeinals. Es schien, als sei er dem Kurprinzen unentbehrlich geworden,
aber gerade diese Ansicht, die Hassenpflug selbst teilen mochte, brachte
ihn zu Fall. Seit Radowitz ihm untreu geworden war, gab es für
Friedrich Wilhelm keine unentbehrlichen Ratgeber mehr. Sein
fürstliches Herrschergefühl litt unter dem selbstbewußten Auftreten des
Ministers. Auch konnte er sich mit den „verkehrten Religionsansichten"
Hassenpflugs nicht befreunden, gegen die damals eine allgemeine Hetze
unter dem Feldgeschrei „gegen die Mystiker" begonnen hatte. Öftere
Zusammenstöße persönlicher Natur, bei denen der Regent es nach seiner
Gewohnheit an kleinlichen Kränkungen nicht fehlen ließ, machten Hassen
pflug die Hofluft unerträglich, in der er nach seiner Wiederverheiratung
mit Agnes v. Münchhausen (seine erste Frau Lotte Grimm war 1833
gestorben) mehr als früher zu leben gezwungen war. Eine lächerliche
Lappalie, Meinungsverschiedenheit über den Termin einer Beberbecker
Pferdeauktion, führte zum offenen Bruche. Hassenpflug legte seine Ämter
nieder und verließ am 5. Fuli 1837 Cassel. Das hatte der Kurprinz
nicht beabsichtigt und er sandte den Schwiegervater des Ministers, den
Oberforstmeister v. Münchhausen, nach Göttingen, wo Hassenpflug