Landtag 1836 Neue Minister
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Mit besonderer Feierlichkeit fand am 22. November 1836 die Er
öffnung des neuen Landtags für die Periode 1837/39 zugleich mit
der Einweihung des neuen Ständehauses statt. Ganz Cassel war auf
den Beinen, als der Kurprinz in prunkvollem Aufzug unter dem Donner
der Kanonen sich durch das Spalier der gesamten Bürgergarde zu dem
Meisterwerke Ruhls begab, um zum ersten Male in eigner Person den
Landtag zu eröffnen. Hassenpflug stand an den Stufen des Thrones,
während der Prinz die Thronrede verlas und das Handgelöbnis der
Stände entgegennahm. Mit Befriedigung vernahm man, daß die Lage
des Staatshaushaltes sich immer günstiger gestaltete. S ch omburg über
nahm wieder das Präsidium. Die Adresse, die er im Namen der Stände
am 1. Dezember dem Regenten überreichte, äußerte sich anerkennend für
vieles und voller Hoffnung für die Zukunft. Es herrschte entschieden
eine versöhnlichere Stimmung, die auch darin ihren Ausdruck fand, daß
Haffenpflugs schroffste Gegner nicht wieder in den landständischen Aus
schuß gewählt wurden. Man fing an, die unleugbaren Verdienste des
Ministers anzuerkennen, und dieses stillschweigende Zugeständnis veran
laßte wiederum Hassenpflug, sanftere Seiten im Verkehr mit den Ständen
aufzuziehen. Der neue, sehr temperamentvolle Landtagskommissar, Ober-
gerichtsrat Scheffer, sorgte seinerseits dafür, daß die alte Kampfes
stimmung öfters wieder zum Durchbruch kam. Haffenpflugs Versuch,
durch eine Revision der Geschäftsordnung die langatmigen Verhandlungen
zu vereinfachen und abzukürzen, scheiterte an dem Widerspruch der
Stände, die ihre Rechte dadurch beeinträchtigt glaubten.
Im Ministerium hatte es verschiedene Veränderungen gegeben.
Am 20. März 1836 schied Friedrich v. Trott aus dem Staatsdienst.
Als Minister des Auswärtigen hatte er 1834 Kurhessen auf den Wiener
Ministerkonferenzen vertreten'), deren geheimgehaltene Beschlüsse nicht
imstande waren, den Siegeszug der konstitutionellen Ideen in Deutsch
land aufzuhalten, Nachdem die Althessische Ritterschaft, deren Statuten
1836 neu aufgestellt wurden, die Söhne des Kurprinzen als Träger
heimfallender Lehen in sich aufgenommen hatte, war ein Versuch, auch
') Bei seiner ersten Unterredung mit Metternich lobte er die Loyalität und
Liberalität der Stände und betonte, daß seit 1830 in Kurhessen nicht eine Unter
suchung wegen demagogischer Umtriebe anhängig gewesen sei. Metternich antivortete,
„daß er von dem kurhessischen Volke immer eine sehr gute Idee gehabt, daß dessen
treue Anhänglichkeit an sein angestammtes Fürstenhaus wie sein kriegerischer Sinn
geschichtlich seien, und er daher nicht zweifle, daß in Kurhessen der revolutionäre
Geist nur sehr langsam und viel später Eingang finden würde, selbst wenn man
ihm auch nicht entgegenarbeiten sollte".