190
Preußen in Bockenheim 1833 Zollkrieg
mobilen Kolonne sollten, um ähnlichen Vorkommnissen vorzubeugen,
in Bockenheim Garnison nehmen, fanden aber, als sie dort einrücken
wollten, schon fremde Gäste vor, preußische Truppen, die trotz Wider
willens der Frankfurter Behörden von Mainz aus in die freie Stadt ein
gerückt waren. Es war das erste Mal, daß Preußen kurhessisches Gebiet
besetzten, wo sie ziemlich übel hausten und mit der Einwohnerschaft in
Händel und blutigen Streit gerieten. 48 Unteroffiziere und Soldaten
wurden nachher wegen grober Sachbeschädigung und schwerer Ausschrei
tungen gegen die Einwohner Bockenheims kriegsgerichtlich verurteilt. Die
preußische Regierung mußte für die angerichteten Schäden ebenso Ersatz
leisten, wie die Stadt Frankfurt für den Krawall in Preungesheim. Es
herrschte damals ein recht gespanntes Verhältnis zwischen Frankfurt und
Kurhessen, weil Frankfurt durch den Anschluß Kurhessens an den preu
ßischen Zollverein in eine ganz unglückliche insulare Lage geraten war.
Selbst nach dem Beitritt Süddeutschlands im Jahre 1833 konnte Frankfurt
sich nicht entschließen, seine Zollselbständigkeit aufzugeben. Erst drei Jahre
später kapitulierte auch die alte Handelsstadt, und damit hörte der lange,
unerquickliche Zollkrieg am Maine endlich auf. Fm hessischen Norden an
der hannöverschen Grenze ging er weiter; denn Hannover trat erst 1851
dem Zollverein bei. So lange hatte es sich gesträubt aus Furcht, in den
materiellen Handelsinteressen überholt zu werden. Auch in Hessen war der
Eintritt des Landes in den Zollverein nicht populär, zumal viele Waren
sich verteuerten, und der versprochene Aufschwung der wirtschaftlichen Ver
hältnisse nicht so schnell kommen wollte. Als auf dem Sandershäuser Berge
ein neues Zollhaus errichtet wurde, sang man in Cassel das Spottlied -.
Dort auf dem Berg da steht ein Haus,
Da guckt die preuß'fche Maut heraus;
Und auf der Brück da steht ein Preuß,
Die Haar stehn ihm wie Befeureis.
Er ist gefchnüret wie ein Weib,
Die Sonne scheint ihm durch den Leib.
Das Mißtrauen gegen die preußische Politik und das preußische
Regierungssystem war weit verbreitet, und die konstitutionellen Bürger
des deutschen Westens und Südens sahen mit mitleidiger Gering
schätzung auf die Preußen, die trotz des Versprechens ihres Königs
noch immer ohne Verfassung und Landstände regiert wurden.
Dabei hatte man doch in Hessen genügend Gelegenheit, die nicht ganz
zweifelsfreien Vorzüge des konstitutionellen Regimes zu studieren. Noch
immer tagte der durch die Neuwahlen wiederhergestellte „lange Land-