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Friede zu Basel.
entflammen könnte! Welch ein Volk wären wir!"*) und sprach damit
aus, was in reichspatriotischen Kreisen allgemein empfunden wurde.
Wilhelm IX. war für eine Zeitlang vielleicht der populärste Fürst in
Deutschland, wurde dafür aber auch von den „Neufranken" und ihren
Anhängern um so bitterer gehaßt und begeifert. Es war zu verstehen,
daß der Landgraf damals erneut auf eine Anerkennung seiner und seines
Landes Verdienste durch Verleihung der Kurwürde rechnete. Kaiser
Franz II. begnügte sich aber damit, den „edlen reichsständischen Patrio
tismus", welcher alle Handlungen des Landgrafen belebte, und das ruhm
würdige Verdienst anzuerkennen, welches derselbe „nach jedermanns
lautem Beifall sich um das Reich erworben habe". Aber von der Kur
würde war in seinem Dankschreiben keine Rede. Der Landgraf war
bitter enttäuscht und schloß sich in der Folgezeit um so enger an Preußen
an, dessen Monarch es wenigstens nicht an Versprechungen fehlen ließ.
Dieser Anschluß an Preußen führte aber zu der verhängnisvollsten
Wendung in der hessischen Politik, die mit der bisherigen reichstreuen
Täügkeit des Landgrafen in schroffem Widerspruch stand, namentlich zu
der Verständigung mit deni revolutionären Frankreich. Es mag dem
Landgrafen, dem alles französische, namentlich aber das neufranzösische
Wesen ganz zuwider war, schwer genug geworden sein, mit den „Königs
mördern" zu paktieren, mit denen seine Truppen seit vier Jahren am
Main und am Rhein, in Flandern und Brabant in heißem Kampfe
standen: aber, nachdem Preußen hauptsächlich um seiner polnischen
Interessen willen das Deutsche Reich schmählich bei Basel verraten
hatte, blieb ihm keine andere Wahl mehr übrig. Den Krieg in Nord
deutschland auf eigene Faust allein fortzusetzen, dazu war das kleine
Hessenland zu schwach. Dazu lockte das Trugbild reicher Entschädigungen
für den durch des alten Resius Feigheit schmählich preisgegebenen links
rheinischen Teil der Grafschaft Katzenellnbogen und nicht zuletzt der
Kurhut, für dessen Erlangung im allgemeinen Reichsfrieden Preußen
alle Hebel in Bewegung zu setzen versprach. Diese Hoffnungen und
dazu der aufrichtige Wunsch, seinem Lande den allgemein ersehnten
Frieden wieder zu geben, lenkten den Landgrafen von seiner bisherigen
Bahn ab lind führten ihn nunmehr ganz in Preußens Arme. Dem
preußischen Beispiele folgend, wurde im August 1795 auch der hessisch
französische Friedensvertrag zu Basel abgeschlossen, und sang-
und klanglos mußten die braven Hessen aus dem brabantischen Feldzug
') Der Sät; stammt übrigens nicht von Goethe, wie neuerdings öfters be
hauptet worden ist, sondern von E. A. A. v. Göchhausen (Meine Wanderungen. 1794).