Zollkrieg Hanauer Mautsturm Polen
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der schon ortsüblich werdenden K r a w a l l e eingeleitet hatte. Meder war
die Zollpolitik der Anlaß der dortigen Unzufriedenheit. Der Abfall Kur-
heffens zum preußischen Zollverein hatte nicht nur die Erbitterung der
ehemaligen Vertragsgenossen des Mitteldeutschen Handelsvereins geweckt,
die sogar beim Bundestag Beschwerde über Vertragsbruch erhoben,
sondern auch eine große Beunruhigung im Hanauischen hervorgerufen.
Der dortige Handelsstand fühlte sich durch den am 7. Dezember 1831
verkündigten Zollanschluß an Preußen, der trotz des Widerspruchs ihrer
Deputierten von den Ständen genehmigt war, schwer benachteiligt, da
ihr Verkehr mit Frankfurt wieder gesperrt zu werden drohte. Der nun
beginnende lange Zollkrieg (der bis zum Anschluß Frankfurts an ben
Zollverein, 2. Januar 1836, dauerte) hatte nicht nur so unschuldige
Folgen wie die, daß die Frankfurter fortan die Kaffeegärten Bocken
heims boykottierten und statt dessen nach Bornheim gingen. Der
Frankfurter Pöbel war auch nicht unbeteiligt an den neuen Maut
unruhen an der hessischen Grenze. Am 5. Januar 1832 zog ein
Volkshaufe gegen das neuerrichtete Hanauer Zollhaus und zerstörte
seine innere Einrichtung. Tags darauf arrangierte der Berger Amts
chirurg Dr. Casfebeer einen neuen Sturm der Bauern auf die Zoll
stätte an der Mainkur. Das Militär trieb die Meuterer zurück, ihr
Rädelsführer flüchtete ins Ausland. Die Bürgergarde hatte bei diesen
Gelegenheiten völlig versagt, so daß das Ministerium sogar ihre Auf
lösung in Hanau beabsichtigte. Das litten jedoch die Stände nicht,
gaben aber ihre Einwilligung zu einer Art von Diktatur für den Re
gierungsdirektor Ludwig v. Baumbach, dessen geschickte Hand die
Ruhe am Main bald wieder herstellte.
Noch einmal flackerte die Unruhe auf, als um diese Zeit die
polnischen Flüchtlinge das hessische Land durchfluteten. Als im
Zahre 1830 das unglückliche Polenvolk wieder einmal versuchte, das
Joch seiner Unterdrücker abzuschütteln, da waren alle rechtlich und frei
heitlich gesinnten Herzen in Westeuropa auf seiner Seite. Auch in Hessen
teilte man die ehrliche Begeisterung für die Sache des weißen Adlers
und grollte Moskowitern und Preußen, die mit Knute und Korporals
stock vergeblich die Seele des „geteilten" Polen' zu erobern getrachtet
hatten. Man gründete Polenvereine, trug verschnürte Pekeschen, sang
„Roch ist Polen nicht verloren" und dichtete wie Carl Pfeiffer, der
begabte Sohn Burkhardt Wilhelms, neue flammende Polenlieder mit
heftigen Ausfällen gegen den König von Preußen, der sich zum Helfers
helfer der Petersburger Regierung hergab: