Full text: Geschichte des Kurfürstentums Hessen

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Der Kurfürstentitel Einladung zum Landtag 1814 
neustädter hatten bei den Erschossenen auf dem Forst ihr Feuer ange 
zündet, um sie zugleich zu ehren. Schön war es auch, wie darauf 
alle Glocken läuteten und die feierliche Große darunter, und auf dem 
Friedrichsplatz bei 100 Fackeln ein Gotteslied gesungen ward." Ein 
Zug auf den Kratzenberg, bei dem in Gegenwart der Kurprinzessiit 
und des Landgrafen Friedrich ein ungeheurer Holzstoß entzündet wurde, 
beendete die Feier, bei der der patriotische Märchensainmler nur bedauerte, 
daß sein Plan, eine große Bonapartepuppe dabei zu verbrennen, nicht 
zur Ausführung kam. 
Am 24. Oktober 1814 verließ Kurfürst Wilhelm die Wiener Kon 
greßstadt, auf derem teuren Pflaster er sich nicht behaglich fühlte, wie 
auch die ganze Atmosphäre von Leichtsinn und Vergnügungssucht ihm 
nicht zusagte. Daß der Kaiserplan dort scheiterte, berührte ihn als Kur 
fürsten besonders schmerzlich. Es lag nahe, den antiquierten, bedeutungs 
los gewordenen Titel aufzugeben, aber von dem „Großherzog" der Rhein 
bundsfürsten wollte er nichts wissen. Eine Zeitlang dachte er daran, 
den Titel „Erzherzog" anzunehmen, doch stand dem das alte Vorrecht 
des Hauses Österreich entgegen. Anr liebsten iväre er ja König geworden, 
König über ganz Hessen, und er war bereit für eine hessische Königskrone 
sogar eine Militärkonvention mit Preußen zu schließen, entsprechend den 
Nordbundsplänen von 1806. Da dies Projekt keinen Beifall fand, be 
hielt er den alten Titel bei, vermehrt durch den Zusatz „soriveräncr 
Landgraf von Hessen". 
Noch einmal besuchte Wilhelm von Wien aus seinen früheren 
Verbannungsort Prag und kehrte dann über Gotha am 3. November 
nach Cassel zurück. Am Jahrestag seiner Rückkehr aus der Verbannung 
ivurde auf dem Forste eine junge Eiche in den Boden gepflanzt, der 
das Blut der erschossenen Aufständischen von 1809 getrunken hatte. 
Angesichts der zahlreichen Denunziationen von Leuten, die in west 
fälischer Zeit französische Gesinnung bekundet hatten oder haben sollten, 
machte es einen guten Eindruck, daß der Kurfürst den Beamten ver 
bot, derartige meist aus unsauberen Quellen fließende Anzeigen weiter 
entgegenzunehmen. Alle Außerungeir des Tadels über die rechtmäßige 
Regierung während der Fremdherrschaft sollten vergeben und vergessen 
sein. Das in Wien gegebene Versprechen, seine „gerechte Souveränität" 
durch eine liberale Konstitution zu beschränken, war dem Kurfürsten 
nicht leicht geworden. Dennoch zögerte er nicht mit seiner Ausführung. 
Bereits am 27. Dezember 1814 ergingen die Einladungen zum Land 
tag. „Zum ersten Male seit Heinrich dem Kinde" wurden dabei außer
	        
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