Full text: Der internationale Herold (1. Jahrg. 1922)

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Der Internationale Herold. 
gegebenen Mittel zu begegnen, oder wenigstens ihr Wirken in 
seinen Zusammenhängen zu verstehen. Ueberall begegnet er ge 
heimnisvollen Mächten und Erscheinungen, deren Wirken sein 
Wohl oder Wehe bestimmt; an den Boden gefesselt, abhängig 
von den unwandelbaren Jahreszeiten, ohnmächtig, das Resultat 
seiner Arbeiten zu beschleunigen oder zu verzögern, reagiert er 
mit verhältnismäßig wenig zahlreichen und abwechslungsvollen 
Handlungen auf die jeweiligen, in gleicher Folge stets wieder 
kehrenden Gebote der Jahreszeiten. Weniger als andere fühlt er 
sich als Schöpfer seiner Umgebung, neigt er zu kühnen Ver 
suchen und Wagnissen, sucht er die Materie zu erforschen und 
zu gestalten. So hat er den geringsten Anteil an dem Auf 
schwung der Künste und Wissenschaften zu verzeichnen und 
ist er, konservativ bis auf die Knochen, der zuverlässigste und 
stärkste Träger des Ideales der Religion geblieben; nirgends 
findet die geistliche Autorität eine so günstige Stätte, als in 
entlegenen, einsamen Landgemeinden. 
Mit dem Aufstiege des Bürgertums wurde eine Reformation 
der Kirche unvermeidlich, und seither hat sie krampfhafte An 
strengungen gemacht, sich durch stets neue Modernisierung den 
schnell wandelnden Verhältnissen anzupassen und mit dem Fluge 
der Zeiten einigermaßen Schritt zu halten. Der freie Wettbewerb 
auf wirtschaftlichem Gebiete hat die Kirche nicht unberührt ge 
lassen. Sie hat ihn in das Recht der freien Auslegung ihrer 
überlieferten Lehre verwandelt und sich dadurch anpassungs 
fähig gemacht, allerdings auf Kosten der geistlichen Autorität. 
Die einschneidendste Aenderung für sie ergab sich aber aus 
der Auflösung jener starren Klasseneinteilung, die die mensch 
liche Gesellschaft als ein unveränderliches Schema erscheinen 
ließ; solange jeder überhaupt beachtenswerte Mensch sein ge 
sellschaftliches Abzeichen offen trug und den bei der Geburt 
empfangenen Stempel nicht wieder verleugnen oder verlieren 
konnte, war es ziemlich leicht, die Beziehungen zu den einzel-
	        
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