Full text: Der internationale Herold (1. Jahrg. 1922)

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Der Internationale Herold. 
die Zukunft dient nicht der Ausdehnung sondern der Verinner 
lichung, bis es einst gelingen mag, neue Gebiete für eine neue 
Ausdehnungsperiode zu erschließen. Wer nicht daran glauben 
kann, daß die Menschheit es vorziehen wird, sich weiter zu 
befehden und gegenseitig das Leben zu erschweren, wird auf 
zunehmende Verständigung hoffen müssen und dann zugeben, 
daß unser auf Kampf eingestelltes Wirtschaftssystem geändert 
werden muß. Wer durch Kampf vorwärts kommt, wird ihn 
nicht beseitigen wollen, nur die Masse der Opfer dringt auf 
seine Einstellung; die Arbeiterschaft hat erst noch zu lernen, 
daß sie stets nur das Opfer, nie der Sieger solchen Kampfes 
sein, nur durch dessen Beseitigung vorwärts kommen kann. Das 
wird sie weder aus Propagandaschriften, noch in akademischen 
Vortragssälen lernen, sondern nur im Kampfe selbst. Heute 
spielt sie nur mit dem Gedanken des Sozialismus, traut sie sich 
im Grunde sehr wohl zu, die Herrschaft an sich reißen und 
ausüben zu können; in diesen letzten Jahren hat sie deutlich 
bewiesen, wie wenig durchdrungen sie von ihrer großen Aufgabe 
ist, daß ihr der Begriff von einer neuen Weltordnung vorläufig 
lediglich — Propagandasache ist, daß ihr der Lohnkampf als 
wichtigste Aufgabe erscheint. Sie hat noch unendlich viel zu 
lernen, ehe ihr die Menschheit ihr Heil und ihre Rettung an 
vertrauen kann, und sie kann das lernen nur in der harten 
Schule geschichtlicher Entwicklung. Wenn sie zeitweilig die 
Initiative ergreift, abwechselnd mit dem international organi 
sierten Kapital der Welt die Richtung für die nächste Entwicklung 
weist, werden wir die Mitte der Uebergangsperiode erreicht haben, 
bis dahin führt das Kapital allein, scheinbar noch aufwärts, aber 
in Wirklichkeit doch seinem Ende entgegen. 
Der neue Glaube. 
Wann wird sich Amerika Europas annehmen? — lautet 
das Problem, das von der Presse aller Länder in allen Tonarten
	        
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