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Der Internationale Herold.
die Zukunft dient nicht der Ausdehnung sondern der Verinner
lichung, bis es einst gelingen mag, neue Gebiete für eine neue
Ausdehnungsperiode zu erschließen. Wer nicht daran glauben
kann, daß die Menschheit es vorziehen wird, sich weiter zu
befehden und gegenseitig das Leben zu erschweren, wird auf
zunehmende Verständigung hoffen müssen und dann zugeben,
daß unser auf Kampf eingestelltes Wirtschaftssystem geändert
werden muß. Wer durch Kampf vorwärts kommt, wird ihn
nicht beseitigen wollen, nur die Masse der Opfer dringt auf
seine Einstellung; die Arbeiterschaft hat erst noch zu lernen,
daß sie stets nur das Opfer, nie der Sieger solchen Kampfes
sein, nur durch dessen Beseitigung vorwärts kommen kann. Das
wird sie weder aus Propagandaschriften, noch in akademischen
Vortragssälen lernen, sondern nur im Kampfe selbst. Heute
spielt sie nur mit dem Gedanken des Sozialismus, traut sie sich
im Grunde sehr wohl zu, die Herrschaft an sich reißen und
ausüben zu können; in diesen letzten Jahren hat sie deutlich
bewiesen, wie wenig durchdrungen sie von ihrer großen Aufgabe
ist, daß ihr der Begriff von einer neuen Weltordnung vorläufig
lediglich — Propagandasache ist, daß ihr der Lohnkampf als
wichtigste Aufgabe erscheint. Sie hat noch unendlich viel zu
lernen, ehe ihr die Menschheit ihr Heil und ihre Rettung an
vertrauen kann, und sie kann das lernen nur in der harten
Schule geschichtlicher Entwicklung. Wenn sie zeitweilig die
Initiative ergreift, abwechselnd mit dem international organi
sierten Kapital der Welt die Richtung für die nächste Entwicklung
weist, werden wir die Mitte der Uebergangsperiode erreicht haben,
bis dahin führt das Kapital allein, scheinbar noch aufwärts, aber
in Wirklichkeit doch seinem Ende entgegen.
Der neue Glaube.
Wann wird sich Amerika Europas annehmen? — lautet
das Problem, das von der Presse aller Länder in allen Tonarten