Full text: Der internationale Herold (1. Jahrg. 1922)

lieber Geschichtsauffassung. 
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dürfte es sich empfehlen, die eigentliche Tendenz ihres Wirkens 
kurz zu präzisieren, was nach dem Gesagten wie folgt geschehen 
kann: Der Staat ist eine Einrichtung der menschlichen Gesell 
schaft, die die Kräfte und Erscheinungen des gesellschaftlichen 
Lebens so zu gestalten sucht, wie sie sein sollen. Er sucht sie 
also zu bestimmen, zu ändern, zu gewissen Zwecken zu be 
nutzen, seine Tendenz ist kontrollierend, regulierend, leitend. 
Wir befassen uns also nicht etwa mit dem Wesen des 
Staates an und für sich oder mit seiner Entstehungs- oder Ent 
wicklungsgeschichte, noch viel weniger versuchen wir, ihn 
politisch oder gar juristisch zu definieren, auch seine ethische 
Bewertung soll uns nicht beschäftigen, sondern für uns ist der 
Staat lediglich ein Teil der Umgebung, mit der wir uns in allen 
diesen Abhandlungen beschäftigt haben. Wir haben sie erst als 
Naturumgebung kennen gelernt, dann ihre Umwandlung in 
Produktionsmittel, ferner den Kampf um ihren Besitz, der die 
Gesellschaftsordnung als einen neuen, wichtigen Teil dieser 
Umgebung erstehen ließ, nun lernen wir den Staat kennen, als 
einen weiteren, vom Menschen geschaffenen Teil seiner Um 
gebung, der für das gesamte menschliche Leben supreme Be 
deutung gewonnen hat, und sich, wie alle anderen Teile dieser 
Umgebung, aus materialistischen und idealistischen Faktoren 
ergibt. Fragen wir dann, wie dieser Staat seine Aufgaben zu 
lösen sucht, und ferner, wie er dabei das gesellschaftliche 
Leben beeinflußt und wie er selbst dabei umgestaltet wird, so 
ergibt sich daraus eine ungezwungene Gliederung unseres nicht 
unbeträchtlichen und recht komplizierten Stoffes, und wir bleiben 
gleichzeitig konsequent und strikte im Rahmen dieser kurzen 
Aufsätze. 
Die Weltgeschichte liefert zahlreiche Beispiele dafür, wie 
eine im wirtschaftlichen Kampfe überlegene, d. h. also herrschende 
Klasse der übrigen Bevölkerung ihren Willen aufzuzwingen, das 
öffentliche oder gemeinsame Leben der Gesellschaft nach ihrem
	        
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