Full text: Der internationale Herold (1. Jahrg. 1922)

Umschau (Europa in Genua), 
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Deutschland tatsächlich sich au! Kosten der Entente bereichert, 
wenn man cs so nennen will, aber diese dar! sich nichts merken 
lassen und kann nur über die deutsche Treulosigkeit wettern. 
Nun, man wird das russische Geschält doch machen, auch ohne 
die Aussicht au! den etwaigen deutschen Anteil, und man wird 
schon zu holen wissen, wenn es in Deutschland etwas zu holen 
geben sollte, auch trotz des deutsch-russischen Vertrages. Man 
sieht, der Geschäftsimpcrialismus ist schlecht, nur der milita 
ristische Imperialismus ist noch schlechter. 
Es war zu erwarten, daß die Kleine Entente nebst Polen 
und den Randstaaten eine große Rolle in Genua spielen würden. 
Glücklicherweise scheinen sie sich der Iranzösischen Politik 
doch noch nicht ganz und !est verschrieben zu haben. Wäre 
das der Fall, dann hätte Frankreich sicher weit weniger Scheu 
oder Angst vor der Isolierung von dem übrigen Europa, aber 
ohne einen zuverlässigen Ring um die Mittelmächte kann es 
an einen Bruch mit England und dessen Gelolgschaft nicht 
denken. Man braucht sich also nicht über die Geschäftigkeit 
des unermüdlichen Herrn Benesch zu wundern; solange er ver 
mitteln kann, kann er mit beiden Händen verdienen, die Ent 
scheidung macht dem Geschäfte ein Ende und läßt ihn im 
Werte fallen. 
Nicht nur betrüblich, sondern geradezu beunruhigend ist 
die Statistcnrolle der Neutralen. Sie können nur reguläre Ge 
schäfte machen, haben Reparationen weder zu zahlen noch zu 
erwarten und sehnen sich offenbar ehrlich nach Frieden und 
Ruhe; das steht sehr niedrig im Kurse. Ob sie nicht doch 
etwas „maßgebender“ sein können, wenn sic gemeinsam und 
nicht allzu bescheiden auftreten? Auch sie nehmen jenseits des 
Kanals Stellung und Frankreich haben sie wenig zu bieten, 
immerhin, ihre gemeinsame Freundschaft — oder das Gegenteil — 
kann ihm nicht ganz einerlei sein, noch weniger Belgien,, 
das ein gutes Vorzimmer zu Paris ist. Die Belgier müssen
	        
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