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Der Internationale Herold.
ist umgekehrt Goethe, der Zeit seines Lebens der Idee der
Weltliteratur zugeneigt, mit Leidenschaft sich den Literaturen
der fremden Völker, insonderheit der Franzosen und Engländer
zuwandte, und so z. B. bezüglich der Franzosen gegenüber
Schumann bekannte, wie er dazu kommen solle, die Franzosen
zu hassen, denen er doch so unendlich viel verdanke, und die
zu den kultiviertesten Nationen der Welt gehörten. In gleicher
Weise ringt heute in Deutschland Fr. W. Foerster unermüdlich
um das Verständnis der Seelen der fremden Völker, und was
er in seinen Werken, Broschüren und Zeitungsaufsätzen für die
Verbreitung des Verständnisses der Psychologie der fremden
Völker getan hat, kann gar nicht rühmend genug hervorgehoben
werden. Das ist in der Tat eins der größten Verdienste des so
trefflichen Mannes. Ach in denke, in früheren besseren Tagen
war es deutscher Ruhm, aufgeschlossen zu sein für das Geistes
leben der fremden Völker, wie denn z. B. die Reclam’schc
Universalbibliothek mit ihren vielen tausenden von Bänden und
ihren trefflichen Uebersetzungen der hervorragendsten Werke
der Literaturen der ganzen Welt ihresgleichen auf dem ganzen
Erdball nicht hat. Diese unsere Aufgeschlossenheit für das
Geistesleben der fremden Völker war aber in der Zeit vor dem
Kriege und im Kriege mehr und mehr zurückgegangen, der
nationalistische Ichkrampf wirkte auch hier lähmend, so daß man
schließlich nur jenen karikierten Popanz sah, den man sich von
den fremden Völkern zurecht machte, John Bull, Marianne usw.
Und auf der anderen Seite war’s nicht anderes bezüglich der
Deutschen, Oesterreicher usw.
In der Tat, es ist allerhöchste Zeit, daß alle Völker mit
Ernst und Eifer daran gehen, die Mauer von Verlogenheit,
Mißtrauen, Selbstgerechtigkeit abzureißen, die ihnen den Weg
zum Verständnis der Seele der fremden versperrt. Das ist der
Weg, der allein das Abendland vom Untergang erretten kann.
Dieser Weg aber ist zugleich der Weg der religiös-sittlichen