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Der Internationale Herold.
Endlich müssen wir das Zusammenleben von Menschen
noch betrachten, ohne indessen aut die Differenzierungen ein
zugehen, die durch Teilung der Arbeit entstanden, zu der Gliede
rung der Gesellschaft geführt haben und im folgenden Aufsatze
behandelt werden sollen.
Solange sich die Mitglieder einer zusammenlcbenden Menschen
gruppe gegenseitig freundlich und hilfsbereit begegneten, brachte
die Lebensgemeinschaft jedem offensichtliche und bedeutsame
Erfolge. Man hat lange die Familie als erste und älteste Form
des gemeinschaftlichen Lebens betrachtet, aber in neuerer Zeit
sind berechtigte Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme ent
standen. Noch viel zweifelhafter ist die Blutsverwandtschaft als
Bindemittel zu solcher Gruppierung, wie sehr diese und der
Begriff der Familie inzwischen auch durch allerlei religiöse,
gesellschaftliche und politische Ideale vertieft, gestärkt und ver
ankert worden sind. Die gesamte wirtschaftliche Entwicklung *
lehrt, daß es stets der Druck von außen war, der eine Anzahl
von Menschen zur gemeinsamen Wahrung ihrer Interessen trieb.
So entstand „das Ideal der Organisation“, in dem stets zwei
sich gegenüberstehende Prinzipien wirksam sind, „der Wille zur
gegenseitigen Hilfe“ und „der Wille zur Macht“. Das Wesen
der Organisation ist letzten Endes freiwilliger Verzicht des
einzelnen auf einen Teil seiner Wünsche oder Rechte zur Er
langung der Hilfe anderer für die Wahrung oder Erweiterung
seiner übrigen Ansprüche und Rechte. Jede Organisation gründet
sich also auf den Willen zur gegenseitigen Hilfe gegen den
Willen zur Macht anderer; ihr Ziel kann sich entweder auf diese
gegenseitige Hilfe beschränken und ist dann das Ideal der Selbst
erhaltung, oder es kann in der Erweiterung der Macht der
Organisation nach außen liegen und ist dann das Ideal der
Herrschaft. Die mächtigste aller Organisationen, der moderne
Staat, erstrebt offenbar die Erweiterung der Macht der Organi
sationsverwaltung gegenüber den Organisationsmitglicdern, eine