Full text: Der internationale Herold (1. Jahrg. 1922)

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Der Internationale Herold. 
Endlich müssen wir das Zusammenleben von Menschen 
noch betrachten, ohne indessen aut die Differenzierungen ein 
zugehen, die durch Teilung der Arbeit entstanden, zu der Gliede 
rung der Gesellschaft geführt haben und im folgenden Aufsatze 
behandelt werden sollen. 
Solange sich die Mitglieder einer zusammenlcbenden Menschen 
gruppe gegenseitig freundlich und hilfsbereit begegneten, brachte 
die Lebensgemeinschaft jedem offensichtliche und bedeutsame 
Erfolge. Man hat lange die Familie als erste und älteste Form 
des gemeinschaftlichen Lebens betrachtet, aber in neuerer Zeit 
sind berechtigte Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme ent 
standen. Noch viel zweifelhafter ist die Blutsverwandtschaft als 
Bindemittel zu solcher Gruppierung, wie sehr diese und der 
Begriff der Familie inzwischen auch durch allerlei religiöse, 
gesellschaftliche und politische Ideale vertieft, gestärkt und ver 
ankert worden sind. Die gesamte wirtschaftliche Entwicklung * 
lehrt, daß es stets der Druck von außen war, der eine Anzahl 
von Menschen zur gemeinsamen Wahrung ihrer Interessen trieb. 
So entstand „das Ideal der Organisation“, in dem stets zwei 
sich gegenüberstehende Prinzipien wirksam sind, „der Wille zur 
gegenseitigen Hilfe“ und „der Wille zur Macht“. Das Wesen 
der Organisation ist letzten Endes freiwilliger Verzicht des 
einzelnen auf einen Teil seiner Wünsche oder Rechte zur Er 
langung der Hilfe anderer für die Wahrung oder Erweiterung 
seiner übrigen Ansprüche und Rechte. Jede Organisation gründet 
sich also auf den Willen zur gegenseitigen Hilfe gegen den 
Willen zur Macht anderer; ihr Ziel kann sich entweder auf diese 
gegenseitige Hilfe beschränken und ist dann das Ideal der Selbst 
erhaltung, oder es kann in der Erweiterung der Macht der 
Organisation nach außen liegen und ist dann das Ideal der 
Herrschaft. Die mächtigste aller Organisationen, der moderne 
Staat, erstrebt offenbar die Erweiterung der Macht der Organi 
sationsverwaltung gegenüber den Organisationsmitglicdern, eine
	        
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