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die konkurrierenden Völker die ihnen seit dem Sturze Bismarcks
gebotene Gelegenheit kräftig ausnützten und die Welt zu ihren
Gunsten verteilten. Die gewaltige geistige und industrielle Riesen
arbeit, die das deutsche Volk währenddem leistete, hat ihm für
die Zukunft blutwenig genützt, weil ihm durch die falsche Politik
die Luft zum Atmen langsam, aber sicher genommen wurde.
Zu den beliebtesten Schlagwörtern der deutschen Partei
politik hat merkwürdigerweise von jeher das Protestieren gegen
ein persönliches Regiment gehört. Aber freilich möchte ich be
zweifeln, ob die deutsche Politik günstiger geführt worden wäre,
wenn das Deutsche Reich nach einem unpersönlichen Regiment
der führenden Parteigrößen geleitet worden wäre. Wie die Welt
geschichte lehrt, ist jede erfolgsreiche Politik von jeher eine
persönliche gewesen und hat so sein müssen. Nur Männer
machen, seit dem es Menschen gibt, die Weltgeschichte, das
Volk als solches kann immer nur das Werkzeug der großen
Tat oder des Gedankens sein. Und gerade die Persönlichsten
aller Persönlichkeiten haben die erfolgreichsten Taten vollführt.
Auch Jugend und Unerfahrenheit kann in einem solchen Falle
keine Rolle spielen. Peter der Große, der geniale Kraftmensch,
kam mit 17 Jahren zur Regierung und machte sich sofort mit
ungeheuerer, rücksichtsloser Tatkraft daran, die alte Bojaren
herrschaft über den Haufen zu werfen und Rußland den Zugang
an die Meere zu sichern. Karl XII., einer der größten schwedi
schen Könige von seltener Tatkraft und hochbedeutender kriege
rischer Begabung, kam 15 jährig auf den Thron, Friedrich der
Große mit 28 Jahren, Gustav Adolf, ebenfalls einer der größten
Schwedenkönige, begann schon vor Erreichung der 20 er seine
Tätigkeit. Alexander der Große war ebenfalls noch nicht 20 Jahre
alt, als er auf den Thron kam, und Otto der Große begann in
den 20 er Jahren seine weltgeschichtliche Tätigkeit. Auch der
Große Kurfürst war erst 20 Jahre alt, als er die Regierung an
trat. Fast möchte man glauben, als ob der Neuzeit das Rezept
der alten Fürstenerziehung verloren gegangen ist. Dabei darf
man nicht vergessen, daß Kaiser Wilhelm aus einer vorzüglichen
Ehe stammte. Kaiser Friedrich stammte von einem vortrefflichen