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II.
Wenn nach 1814 ein längerer Friedenszustand folgte, so
liegt dies nur daran, daß es der englischen Politik, inspiriert
vor allem von dem klugen belgischen König Leopold, später
von seinem hochbegabten Neffen, dem Gatten der Königin
Viktoria, dem Prinzgemahl Albert, gelang, das europäische
Gleichgewicht zu halten. Die englische Politik hat es ja von
jeher verstanden, sich als vornehmsten Wächter des europä
ischen Gleichgewichts und damit des Weltfriedens hinzustellen,
und das hat seiner Politik so unzählige Triumphe cingebracht.
Nach dem Rat, den Alcibiades dem persischen Großkönig
gegeben hatte, sich immer auf die Seite der schwächeren Partei
in Griechenland zu stellen, ist auch England verfahren, und so
hat es für ein europäisches Gleichgewicht im 19. Jahrhundert
gesorgt und ist dabei gleichzeitig zur Weltherrschaft gelangt,
obschon diese Weltherrschaft, anders als wie bei den alten
Römern, nur künstlich zusammengehalten wurde durch eine ge
schickte Staatskunst. Die unterseeischen Kabel, über die Eng
land heute verfügt, sind das sprechende Bild dieser künstlichen
Verbindung.
Prinz Albert war einer der bedeutendsten, wenn nicht der
bedeutendste Politiker seiner Zeit und ist nur von seinen Zeit
genossen vollkommen unterschätzt worden. Der Prinz, the petty
German Prince, war dem Stockengländer ein Stein des Anstoßes,
und trotzdem hat er jahrzehntelang, nur den Eingeweihten be
kannt, und ohne daß das englische Volk im allgemeinen hiervon
etwas ahnte, nahezu ausschließlich die englische und damit die
europäische Politik geleitet. Kurz nach seinem Tode hat der da
malige leitende Minister Palmerston dies unumwunden anerkannt.
Sehr treffend hat das auch der Führere der Opposition, der
spätere Lord Beaconsfield, geschildert und den geradezu uner
setzlichen Verlust, den die englische Staatskunst mit dem Tode
des Prinzen erlitten, gekennzeichnet. Er sagte kurz nach dem
frühzeitigen Tode des Prinzen: „Wir haben mit dem Prinzen
Albert unseren Souverän begraben. Dieser deutsche Prinz hat