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Grund vorhanden sein, der das Zinszahlen erklärt. Diese Erklärung
wurde im Kapitel Kapital unter Konzentration abgegeben. Anfänglich
behielt der sparsame Laie das Geld im Sparstrumpf^ Dadurch wurde
der Geldumlauf immer schwächer. Der Unternehmer brauchte zur Aus
zahlung seiner Löhne auf einmal an bestimmten Tagen größere Summen.
Es entstand zu oft Mangel an Zahlungsmitteln. Er bot nun dem Sparer
eine Rente, wenn er ihm das Geld überließ. Im Laufe der Zeit bildeten
sich besondere Berufe, die die Ware Geld gegen Zubilligung einer jähr
lichen Rente sammelten und nun an Geldsuchende wiederum gegen einen
besonderen Profit weiter liehen. Diese Geldvermittler sind Sparkassen
und Banken. Alle wollen nur verdienen, ohne produktive Arbeit zu
leisten. Was sagt der Schriftsteller B. Shaw über diese Leute? Leider
hatten diese Geldausleihe-Institute aber sehr bald heraus, daß man
auch die Ware Geld künstlich verknappen kann, indem man die Gel
der nach vorheriger Vereinbarung einbehielt. Die Nachfrage wuchs
und damit zugleich die gebotenen Zinsen, weil es immer Leute und
Betriebe gab und gibt, die aus irgendwelchen Gründen Geld borgen
müssen, koste es was es wolle. Hierdurch steigerte sich der Zinsfuß
im allgemeinen ins Unglaubliche und selbst der Staat muß diese Zinsen
an das Privatkapital zahlen, wenn er Geld haben will, obgleich er selbst
die Finanzhoheit zu besitzen glaubt. Wer ist nun im zukünftigen Volks^
Staate Arbeitgeber? Nur die Volksgenossenschaft, der Staat selbst, denn
er verfügt über alle Produktionsmittel, auch über das Münzrecht. Er
muß eine Übersichtsproduktion einführen. Der Bedarf an Lebensmitteln
und sonstigen Gebrauchsgegenständen muß berechnet und gesichert wer
den. Der Bauer muß mit seinem Vieh und Vorräten heut schon ebenso
rechnen. Er muß im Sommer berechnen, was er im Winter für sich
und sein Vieh benötigt. Es ist die Pflicht des Staates auch dafür zu
sorgen, daß all© Volksmitglieder ernährt werden können und lohnende
Arbeit finden. Es geht nicht mehr so weiter, daß man statt dessen das
Volk mit immer neuen Steuern belastet ohne sich darüber klar zu sein,
woher das Volk das Geld nehmen soll.
Zum Leben gehört auch die Wohnung, das Haus. Es bleibt Privat
eigentum. Nur für das Vieh baut man Stälje. Der Mensch aber baut
sich sein trautes Heim nach eigenem Geschmack. Auch die Massenküche
oder Massenfütterung der Marxisten wird aus ethischen Gründen ver
abscheut. Der Kulturmensch ist kein Massenmensch mehr. Ein Stück
Grund und Boden muß jeder als sein eigen betrachten können. Wie
stellt sich der heutige Staat zum Hausbesitz und wie wird sich der
Volksstaat dazu stellen? Heute zahlt der Hausbesitzer Gebäudesteuern
und Hauszinssteuern. Nehmen wir an, wir wären Hausbesitzer, der
sich ohne fremde Geldhilfe ein Haus gebaut habe. Unglaublich viel
menschliche Arbeitskraft ist dazu nötig. Würden wir sämtliche Arbeiten
selber ausführen können und wollen, wir würden selbst mit Hilfe der
Technik Jahre lang arbeiten müssen, um ein Einfamilienhaus zu bauen.
Woher käme aber unser täglich Brot während dieser Zeit? Der Ar
beiter muß soviel verdienen können, daß nach Abzug der Ge*
brauchsgegenstände zum täglichen Leben noch Verdienst genug übrig
bleibt, um ein Haus bauen zu können. Ist das Haus glücklich
fertig, dann nagt schon der Zahn der Zeit daran. Erneuerungs
arbeiten sind laufend nötig. Ist es da gerecht, daß man von diesem
strebsamen Manne noch Geld in Form von Gebäude- und Hauszins
steuern verlangt? Fördert man auf diese Weise das Bauhandwerk oder
tötet man es damit? Der Baumarkt gibt die richtige Antwort. Der
kluge Feudalherr Wilhelm der I., Vater des alten Fritz, hielt jeden, der
Geld hatte zum Bauen an mit den Worten: „Der Kerl hat Geld, muß
bauen/* Ein Kulturvolk erkennt man an der geschmackvollen Bauart.