Full text: Grundzüge der Politik und der Religion

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eine Lebensnotwendigkeit, daß sich die beiden un 
teren Klassen im heutigen Kapitalismus kennen ler 
nen und einen Weg finden, den beide gemeinsam in 
Frieden gehen können, um ihre Lebensberechtigung 
zu retten. Diesen Weg zeigt uns Christus nur allein im Gebot der 
Nächstenliebe, die höher geschätzt werden muß als die Ware oder 
Geld. -Denn alles hängt von unseren Mitmenschen ab. Keiner von uns 
ist im Stande, heute seine Gebrauchsartikel alle selbst herzustellen. Wir 
sind nur ein kleiner Teil im Produktionskreislauf. Ein Volk z. ß., das 
in Kriegsgefahr uneinig ist, wird untergehen. Wenn jeder einzelne für 
sich auf Raub ausgeht, dann nennt man das im kriegerischen Sinne 
Plündern. Ein Volk, das sich gegenseitig ausplündert, muß unterliegen 
im freien Spiel der Kräfte. 
Da nun Marx sehr viel über das Kapital geschrieben hat, das von 
der untersten Klasse begierig als Lehre angenommen worden ist, so ist 
es ratsam, diese Lehre kennen zu lernen, um sie überhaupt kritisieren 
zu können. Sie enthält ein Teil Wahrheit und kann daher nicht im 
ganzen weggeleugnet werden. In der Ausgabe Karl Marx, Das Kapital, 
gemeinverständliche Ausgabe, besorgt von Julian Borchardt, C. Laub sehe 
Verlagsbuchhandlung, Berlin C 54, wird das Wesen des Kapitalismus 
leicht verständlich geschildert!! Bei intensiver Betrachtung findet man 
in diesem Werke nach langem Suchen erst das Richtige, stückweise im 
ganzen Inhalt verstreut. Über den Beginn des Kapitalismus lesen wir 
am Ende des Buches auf Seite 313 ganz Entstelltes. Es heißt: „Die 
große Grundherrschaft in den Zeiten des fränkischen Königtums (unge 
fähr im Jahre 500—900) entstanden, vereinigte auf einem großen Besitz 
tum unter dem Kommando eines Herrn beträchtliche Menschenmengen, 
und hatte zur planmäßigen Bebauung des großen Landbesitzes eine Or 
ganisation der Arbeit geschaffen, ein weit verzweigtes Netz von Be 
amten, Kriegsleuten, Verwaltern, Bauern und Handwerkern. Hier also 
war das Handwerk entstanden und nur hier konnte es entstehen. Auf 
einem kleinen Bauernhöfe, wo vielleicht noch kein Dutzend Personen 
beisammen wohnten, konnte niemand auf den Gedanken verfallen, sich 
ausschließlich z. B. mit der Verfertigung der Kleider für diese wenigen 
Menschen zu beschäftigen. Er hätte nicht Arbeit genug gehabt, seine 
Zeit auszufüllen. Aber auf dem Herrenhofe, wo es galt, Hunderte von 
Menschen mit Kleidung, Nahrung usw. zu versorgen, da teilte man 
zuerst die Arbeit in der Weise, daß der eine nur Kleider, der andere 
nur Geräte usw. herstellte. Gerade diese Teilung der Arbeit war es, 
die die Produktivität immer mehr steigerte, es wurde immer mehr ange 
fertigt, bis die Produktion schließlich die Bedürfnisse des Herrenhofes 
selbst und seiner Leute überstieg. Diese überschießenden Produkte waren 
es, die man zu verkaufen anfing, und es ist sehr interessant, in der 
deutschen Geschichte zu verfolgen, wie die Entwicklung des Handels 
allmählich die Handwerker vom Gutshofe lostrennte, zur Ansiedelung 
an den Marktplätzen, zur Gründung und zum Ausbau der Städte führte.“ 
Im Vorstehenden ist uns nur die Wirkung einer verborgenen Ur 
sache vorgeführt. Wir fragen uns, was trieb die Feudalherrschaft dazu, 
dem ehemaligen seßhaften Acker- und Viehwirt das Land und dessen 
Vieh, ja den Bauern selbst unter sein direktes Kommando zu zwingen? 
Die Genußsucht und der Prunk waren es, die er nach dem Beispiel der 
höfischen Sitten höherer Kulturstaaten wie Rom, Griechenland, Ägypten 
usw. nachahmen wollte. Gold, Edelsteine, Sammt und Seide, auch 
Kunstgegenstände sollten ihn mit jenen Fürsten gleichwertig erscheinen 
lassen. „Diese ausländischen Produkte wurden schon in Urzeiten von 
fremden Händlern ins Land gebracht und verkauft“ sagt uns dieselbe 
Seite im „Kapital“. Wer waren diese fremden Händler? Das sagt uns
	        
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