Full text: Grundzüge der Politik und der Religion

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Auch das Totemtier wurde für heilig erklärt, damit 
es nur von geweihten Leuten erlegt werden durfte, 
denn sonst wäre es ausgerottet worden und die Er 
nährung der Horde war gefährdet. Aus all diesen 
ökonomischen Einrichtungen entstand der spätere 
Opferdienst, das An beten von heiligen Tieren und 
Bäumen. Wir sehen, daß der Zauberer auch prak 
tische Arbeit zum Wohle des Volkes leistete. Jedoch 
seine Ernährung war Hauptinteresse, das er mit den Ältesten teilte. 
Die Vermehrung der Urvölker bedingte fortwährend mehr Nahrung, die 
im Wanderleben nicht immer gesichert war. Das Schonen der Tiere 
hatte gezeigt, daß bei geeigneter Pflege und möglichstem Schutz der 
Totemtiere die Vermehrung derselben gefördert wurde. Auch die 
Pflanzennahrung war totemiert, das heißt ihr Wachstum mußte geför 
dert werden. Unter dieser heiligen Pflege wurden Tiere gezähmt und 
Pflanzen angebaut. Es entstand so die Viehzucht und der Ackerbau. 
Sie bedingten immer größere Seßhaftigkeit. Es entstanden Spezialisten 
in Waffen und Kriegsgerät. Das Priestertum hatte die festgelegten 
Weihen abzuhalten. Der Opferdienst wurde besonders gepflegt. Aber 
es gab auch jetzt bei den seßhafteren Horden mehr täglich wiederkeh 
rende Arbeit. Die Viehhorden mußten bewacht werden. Die Pflanzen 
gewinnung machte ebenfalls mehr Arbeit. Aber auch die Streitigkeiten 
mit den Nachbarstämmen und Völkern wurden gefährlicher, wenn das 
Wachstum in schlechten Jahren nicht mehr die Ernährung sicherte. Das 
Einfallen von Nachbarstämmen oder ganzer Völker vernichtete die ge 
sicherte Ernährung. Das Kriegshandwerk durfte nicht vernachlässigt 
werden. Während man früher bei Überfällen den Gegner vollständig 
vernichtete, handelte man jetzt konsequent, indem man den Feind ge 
fangen nahm und zu körperlicher Arbeit verwandte. Der früher freie 
Mann wurde nun zum Sklaven des stärkeren Stammes. 
2. Das Sklaventum. 
Aus dem Kapitel Urkommunismus und Urreligion haben wir er 
kannt, daß der Sklave ursprünglich Kriegsgefangener war. Sein Leben 
hing von dem Wohlwollen des Siegerstammes ab. An den Sitten und 
Gebräuchen hatte er keinen Anteil. Stammesgenossen hatten immer noch 
neben ihren Pflichten zugestandene Rechte, wenn auch bei den unteren 
Klassen, den Jugendlichen und den Jagdgefährtenschaften die Pflichten 
ihre Rechte um vielleicht ein Doppeltes aufwogen, so hatte der Sklave über 
haupt keine Rechte. Er war vogelfrei. Die Tiere waren geheiligt, das 
heißt sie wurden gepflegt und nur auf besondere Anordnung zum Er 
legen freigegeben. Der Sklave konnte, wie früher das Freiwild, nach 
Bedeben erschlagen, ja auch geopfert werden. Es war „der Fremdling, 
der in deinen Toren ist“, wie es im vierten Gebote heißt, der nach dem 
Vieh als unterstes Lebewesen aufgezählt wird. Wir haben in den jüdi 
schen zehn Geboten eine Urkunde, die uns beweist, daß auch die Juden 
diese heidnischen Sitten nachahmten, nachdem sie selbst in Sklaverei 
gewesen waren. Die Bibel erzählt uns, wie durch jahrelange Trocken 
heit der Stammvater Jakob samt seinem ganzen Stamme nach Ägypten 
kommt. Es konnte nicht ausbleiben, daß ein Volksstamm, der geistig 
höher stand als das ägyptische Durchschnittsvolk oder besser gesagt 
öffentlich verdummte Volk, dieses zum Schaden der herrschenden Klasse 
geistig aufklärte und so den Zorn der Zauberer und deren Interessenten 
auf sich laden mußte. Die Kultur der Ägypter stand aber zu hoch, als 
daß diese nach dem Urrecht den fremden Stamm nun restlos vernichtet 
hätten. Nach dem herrschenden Rechte wurde dagegen der jüdische 
Stamm als Fremdling erklärt und stand nun außerhalb der Landesgesetze,
	        
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