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Das anfängliche Stiftungsvermö
gen an Bargeld, Wertpapieren und
Hypotheken in Gulden, Reichsta
lern und Talern Preußisch Courant
(2) wurde von den Testaments
wächtern auf der Basis „Mark” des
Deutschen Reiches ab 1874 mit
327.000 Mk angegeben. Dazu wa
ren ein Entschädigungskapital für
den im Besitz der Stifter befindli
chen Unshäuser Zehnten mit 3.690
Mark und ein Pfänneranteil der Sa
line Sooden, kapitalisiert mit 10.550
Mark zu rechnen. Das Kapitalver
mögen ohne die Grundstücke be
trug damit bei Erbschaftsanfall
341.240 Mark, auf der Basis 1 Taler
Preußisch Courant = 3 Mark bereits
mehr als 100.000 Taler, der Min
desthöhe des Stiftungsstockes.
Die Erträgnisse 1864 - Zinsen
von ausgeliehenen Kapitalien, den
Mietzinsen, Pachtgeldern, Erlös
für verkauftes Obst und Früchte -
betrugen 6.931 Tlr 15 gr 9 hl oder ca.
20.793,18 Mark. Die Ausgaben im
Anschlag - Testamentarische Un
terstützungen, Administrationsko
sten, staats-, städtische und sonsti
ge Abgaben, Bau- und Reparatur
kosten des Hauses, Gartenpflege,
Ausgaben für die zu gründende Bi
bliothek (400 Taler) - wurden mit
931 Tlr 1 sgr 9 hl - ca. 2.793,18 Mark
errechnet. Für die Gründung der
Murhardschen Bibliothek der Stadt
Kassel konnten 1864 5.560 Tlr 15 sgr
6 hl = ca. 16.621,55 Mark Kapital zur
Verfügung gestellt werden, für da
malige Zeit eine gewaltige Summe.
Das Kapitalvermögen sowohl
des Stiftungsstockes wie des Reser
ve- und Bibliotheksstockes - er
wurde fälschlich nur Bau- und Ver
waltungsstock genannt - veränder
te sich im Laufe der Jahre durch
Rückzahlung von Darlehen, Um
tausch von Wertpapieren, Erwerb
Dienstsiegel
von Grundstücken infolge Einkla
gung von ersten Hypotheken, Ver
kauf von Grundstücken usw. Das
Grundstück Wilhelmshöher Allee
Nr. 50, früher Nr. 98, hatten die
Brüder Murhard als Standort für
die Murhardsche Bibliothek der
Stadt Kassel vorgesehen. Mit Zu
stimmung der Testamentswächter
tauschte die Stadt Kassel dieses
Terrain 1885 gegen einen Teil des
ihr ebenfalls gehörenden Wein
bergparks (Hanauischer Fürsten
garten) um, auf dem dann tatsäch
lich das Bibliotheksgebäude von
1902 bis 1905 errichtet wurde.
1898 errechnete der Stiftungsver
walter Karl Brunner, daß die
Grundstücke nur 0,66% Zinsen
statt 3,5 bis 4% Zinsen bei Kapital
anlage erbrächten. Mit Zustim
mung der Testamentswächter ver
kaufte daher ab 1900 die Stadt Kas
sel den Grundbesitz der Stiftung,
oft an sich selbst, mit Ausnahme
des Grundstücks Weinbergpark.
Das letzte Grundstück wurde 1916
an die Stadt Kassel veräußert. Am
21. 6. 1938 wurde schließlich der
Gemeinnützigen Wohnungsbau
gesellschaft der Stadt Kassel mbH
ein Erbbaurecht auf 61 Jahre an et
wa 240 qm des Weinbergpark
grundstückes zur Errichtung des
Wohnhauses Humboldtstr. la be
willigt, nachdem bereits 1904 ein
anderer Teil an den Fabrikanten
Henschel verkauft worden war.
Mit Abrechnung des 1904 weit
gehend fertiggestellten Biblio
theksgebäudes Weinbergstraße 6
wurde ab Haushaltsjahr 1905 der
Rest des bisherigen gemeinsamen
Reserve-, Bau- und Verwaltungs
stocks gemäß den Bestimmungen
des Testaments zum Verwaltungs
stock. Der Reservestock wurde aus
1/5 der Zinserträgnisse des Stif
tungsstocks ab Haushaltsjahr 1905
neu gebildet. Seine Zuflüsse und
Zinserträgnisse wurden ab 1912 bei
Bedarf teilweise, später ganz zur
Abdeckung erhöhter Ausgaben im
Bibliotheksbereich via Verwal
tungsstock verwandt.
Abdruck eines 1928 auf der Murhardschen
Bibliothek noch vorhandenen „Geschenk
stempels” mit Familienwappen.