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nach Ablauf des Jahrs an die Stadtbiblio
thek abgegeben würde, um dort aufgestellt
und aufbewahrt zu werden, wo sie zum Ge
brauch der Mitglieder des Lesemuseums of
fen stünden. Bei dem Mangel an Räumlich
keit im Locale des Lesemuseums würde
vielleicht diese Einrichtung für dieses selbst
wünschenswerth erscheinen können. Es
könnte dem Lesemuseum auch eine Geld
vergütung für die Ueberlassung solcher pe
riodischer Blätter an die Stadtbibliothek
dargeboten werden. Ein ähnliches Abkom
men für die Ablieferung von Zeitschriften
nach vollendeter Circulation an die Stadtbi
bliothek ließe sich auch mit anderen in Cas
sel existirenden Lesegesellschaften treffen.
§21
Es ist Sorge dafür zu tragen, daß die Bü
cher der Stadtbibliothek mit einem dauer
haften Einbande, jedoch ohne Luxus verse
hen werden. Die äußere Bekleidung mit ei
ner Leinwand von dunkler Farbe, entweder
ganz oder wenigstens an den Ecken und auf
der Rückseite, halten wir für die Zweckmä
ßigste. Die Etiquetten auf den Rücken der
Bände können entweder aus Buchstaben
von Gold oder Druckerschwärze bestehen.
§22
Das Arbeitszimmer der Bibliothek soll
hinlänglich geräumig für die Aufnahme
zahlreicher Besucher sein. Es sollen da
selbst für Alle, außer den Tischen und Stüh
len die nöthigen Schreibmaterialien und an
dere Bequemlichkeiten zu finden sein. Die
Wände des Arbeitslocals sollen mit den be
sten Oelgemälden aus unserm Nachlaß de-
korirt werden.
§23
In dem Bibliotheksgebäude soll außer al
lenfalls dem Bibliothekspedellen, der zu
gleich die Amtsverrichtungen eines Por
tiers, Conciergen oder Castellans zu verse
hen hat, keinem Andern eine Wohnung ein
geräumt werden. Zur Vermeidung von
Feuersgefahr ist auch außer der Heitzung
des Wohnzimmers jenes Pedellen blos die
des Arbeitszimmers der Bibliothek gestat
tet. Aus allen übrigen Räumen des Biblio
thekslokals sind die Oefen zu entfernen.
§24
Die von uns gegründete städtische Bi
bliothek soll dem Publikum erst eröffnet
werden, wenn sie zu einer angemessenen
Größe herangewachsen sein und die Bände
zahl sich zum mindesten auf 10 bis 12 000 be
laufen wird.
§25
Unsere Universalerbin, die Stadt Cassel,
soll verpflichtet sein, aus den Einkünften
unseres ihr anvertrauten Stiftungsfonds ei
ne Leibrente von jährlich Vierhundert Tha-
lern (400 Thlr.) an unseren alten Diener Jo
hannes Vogt auszuzahlen, welcher von Ju
gend an den größten und schönsten Theil
seines Lebens in unseren Diensten zuge
bracht und durch die unwandelbar uns be
wiesene Treue und Anhänglichkeit die ge
rechtesten Ansprüche auf unsere Dankbar
keit sich erworben hat. Diese jährliche Lei
brente soll an denselben in monatlichen Ra
ten vom Todestage des letztlebenden von
uns an gerechnet, bis zu seinem Tode regel
mäßig verabfolgt werden.
§26
Zu Executoren und künftigen Wächtern
und Beschützern dieses unsers Testaments
nach allen seinen Bestimmungen und
Anordnungen sowie zu Vertretern der In
teressen unserer Stiftung in allen vorkom
menden Fällen bestellen wir drei unserer
Mitbürger, in deren anerkannte Rechtlich
keit und Gewissenhaftigkeit wir ein unbe
schränktes Vertrauen setzen und die wir als
Freunde hoch schätzen, nemlich
den Herrn Dr. B e r n h a r d i, Bibliothekar
der Landesbibliothek,
den Herrn Obergerichtsanwalt
Schwarzenberg und
den Herrn Bürgermeister
Wippermann
in Kassel
mit allen den Befugnissen, Rechten und
Attributionen, die englischen Trustees zu
stehen.
Diese drei Vertrauens-Männer werden
ein Kollegium für die genaue Vollziehung,
Ausführung und Aufrechterhaltung unse
res letzten Willens bilden, welches niemals
ausstirbt, indem dasselbe sich für alle Zu
kunft durch eigene freie Wahl selbst er
gänzt. Um zu verhüten, daß jemals in die
sem Kollegium eine Lücke entstehe, haben
die drei Mitglieder desselben sich im Vor
aus ungesäumt drei Ersatzmänner oder
Stellvertreter zu erwählen, die bestimmt
sind, für den Fall ihres Ablebens oder Aus
tritts sie zu ersetzen und im Fall einer ein
tretenden Vakanz an ihre Stelle in das Kol
legium einzutreten, auch schon bei Lebzei
ten der zeitigen Testamentsvollstrecker in
Verhinderungsfällen deren Funktion aus
zuüben. Für die erste Wahl solcher Ersatz
männer könnten wir unmaßgeblich auf die
Herren Obergerichtsanwälte Hartwig, Hen
kel, und Nebelthau unsere Herren Testa-
mentsexecutoren aufmerksam machen.
Sollte der Fall eintreten, daß einer oder
der andere der von Uns zu erstem Ueber-
nahme des Ehrenamtes von Trustees bei
unserer Fundation bezeichneten Männer
noch vor dem letzlebenden von uns mit To
de abginge, dann sollen die noch übrig blei
benden oder der noch übrig bleibende er
mächtigt sein, das Kollegium durch Wahl zu
vervollständigen. Sollte es gar das Schicksal
wollen, daß keiner der drei von uns zu er
sten Hütern und Wächtern dieses unsers
Testaments auserkohrenen Männer uns
überlebte, dann übertragen wir, falls von
uns unterlassen wäre, Fürsorge zu diesem
Ende in einem Codicill zu treffen, auf das
hiesige Stadtgericht das Recht, aus der Zahl
der Rechtsgelehrten an hiesigem Orte drei
Männer als Testamentsvollstrecker bei un
serer Stiftung zu bestellen; bei deren Wahl
neben anerkannter Rechtlichkeit vorzüg
lich auf regen Sinn für das Gemeinwohl
Rücksicht zu nehmen sein wird. Das durch
Wahl des Stadtgerichts gebildete Kollegium
hat alsdann, ganz wie das durch unsere
Wahl oben bestimmte, ein Selbstergän
zungsrecht durch Wahl von eventuellen Er
satzmännern für alle Zukunft, damit es nie
ein aussterbendes Institut konstituire.