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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 221
aus die Erde nieder, in den Sternschnuppen erkennt das
gemeine Volk sinkende Engel, umgekehrt wandeln heilige
Männer auf an den Himmel und wohnen unter den Ster
nen. Aus diesem heimlichen Verhältniß, dem Sehnen . *
der Menschen nach oben und dem des erdedecken-
den , warmenden Himmels unten aus dem Boden, gründet
die Sage und das Bild von den Gestirnen, beyde haben
ihre Thier- und Königsfabel in Gemeinschaft. Die sinn
liche Vergleichung des Baren am Himmel mit einem wirk.
lichen, wäre eine sehr magere , matte; kein astronomischer
Behelf hat die Sternbilder erdacht, wie keine Dichtkunst
die irdischen Sagen, sondern sie beruhen in der Natur und
Geschichte der unendlichen Welt und sind darum vorhanden
Den Gang und den Geist der Völker kann man hier
merkwürdig unterscheiden. Keins ist reicher versehen mit
Namen und Sagen von Gestirn als das orientalische; allein
diese Sagen sind gern verflüchtiget in scharfen, trokenen
Gedanken, fast leiblos geworden, bey den Arabern zu
weist, denn die Indier nahen sich halb der griechischen
Lebendigkeit, hangen aber dabey fester an der tiefen
Deutung des Inhalts. Den Griechen wächst alles zum
blühenden, saftigen Epos. Mitten gleich dem indischen
scheint der deutsche Stamm einzustehen, vorneigend jedoch
auf die andere Seite; denn das germanische Epos ist epi
scher^ frischer als das indische, nicht so tief als das indi
sche, tiefer als das griechische. Eddische^ Mythen
von Sonne und Mond tragen einfache Bedeutsamkeit
a n sich, von sternverwandelten Helden bleiben Spuren
in Thiaßi's Augen und Orwandits Zähe, die langverkann-
te himmlische und irdische Auslegung der Jrmensaute und
Jrmenstraße habe ich zu geben versucht.