32
Jacob Grimm
academie im voraus langsam den tag nahen, an welchem ihm einmal, höch
stens zweimal jährlich auferlegt ist eine umfassendere abhandlung vorzutra-
gen, während ihm unbenommen bleibt mit minder ausgearbeiteten, kleineren
in jeder wöchentlichen Zusammenkunft aufzutreten. Allen abhandlungen
aber, da sie gar nicht lehrhaft und populär sein sollen, gebührt streng wis
senschaftliche form, wobei nicht einmal auf verständlichmachung der gegen
stände für die verschiedenen classen der academie selbst bedacht zu nehmen
ist. Zu ihrem nicht geringen nutzen erfahren nemlich die mitglieder, dafs
auch an fremdliegenden stoffen mindestens durch das beispiel der behand-
lung zu lernen sei und allenthalben früher nicht geahnte analogien sich er
geben können. Vorträge, die unter den gefrierpunct der aufmerksamkeit
fielen, sind darum fast nicht denkbar, oder es wäre ein Zeichen, dafs sie
völlig fehlgegriffen hätten. Keinen bestimmten academischen Stil gibt es,
nur einen solchen der in die sache dringt, und alles rhetorische wird eben
dadurch ferngehalten, dafs ein ruhiges vorlesen beinahe druckfertiger ab
handlungen wenigstens die regel bildet.
Als die gelungensten erscheinen solche Vorlesungen, welche nicht in ein
bereits ausgedachtes werk sich fügen, oder ein schon bekannt gemachtes blofs
ergänzen, vielmehr keime neuer, künftiger werke in sich tragen oder reiches
material zu wissenschaftlichem gebrauch fruchtbar darlegen. Unacademisch
hingegen würde es sein als beitrag zu entrichten was ohnehin in fertigen bü-
chern bald heraus zu kommen bestimmt ist, es sei denn dafs durch dessen
Vorlage einzelne erhebliche betrachtungen auf die wage gelegt oder geschärft
werden sollen.
Sich wenigstens wöchentlich zu versammeln hat sich als nothwendig
bewährt, damit die theilnahme in längeren fristen nicht erkalte und raum für
die manigfaltigkeit der vorträge gewonnen werde, die bei seltneren Zusam
menkünften zurückstehn oder allzulangen aufschub erfahren müsten.
Aus derselben Ursache und um mit dem publicum in regere berührung
zu treten oder die schon eingetretne für die academie selbst nicht veralten
zu lassen scheint auch eine unausgesetzte schnelle herausgabe der academi
schen abhandlungen wünschenswerth; dafs sie in dem jahr, wo sie gelesen
werden, erfolgen kann, zeigt uns England, unabhängig von der bleibenden
güte solcher abhandlungen steigt in ihnen, wie bei eingegossenem getränk
ein augenblicklicher schäum ihrer geistigsten bestandtheile auf, den es zu