Full text: Rede auf Schiller

@ 
Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 215 
22 
erben ein privilegium auf 20 jahre. beim annahen des zeitpuncts, wo diese 
Schutzfrist ablief, kamen die erben um abermalige Verlängerung bis zu 1878 
ein und im winter 1854 legte die preuszische regierung ein über den schütz 
der allgemeinen gesetzgebung hinaus gehendes gesetz den kammern vor, 
welches diese ablehnten, darauf erschien am 6 nov. 1856 ein bundesbe- 
schlusz, wonach im allgemeinen der schütz gegen nachdruck zu gunsten der 
werke derjenigen autoren, welche vor dem 9 nov. 1827 (datum eines an 
dern bundesbeschlusses) verstorben sind, noch bis dahin 1867 in kraft bleibt. 
Schillers werke, und Göthes ebenso, werden danach, ohne gerade speciel- 
les privileg zu genieszen, obschon sie es waren, die die allgemeine masz- 
regel hervorriefen, erst an diesem 10 november 1867 gemeingut und frei, 
selbst dann noch nicht in ganz Deu schland, da in Sachsen, dem hauptsitz 
des buchhandeis, ein gesetz von 1844 besteht, das den werken der vor dem 
1 januar 1844 verstorbnen schriftsteiler noch dreiszig jahre Jang schütz ge 
gen nachdruck zusichert, also bis 1874. so kann zu ende 1867 ein boden 
loser zustand eintreten, wenn Sachsen als nachdruck in beschlag nehmen 
wird, was im ganzen übrigen Deutschland von Göthe, Schiller, Lessing usw. 
rechtmäszig gedruckt werden darf. 
Wir sehen, dasz Schillers werke beinahe siebenmalneun jahre seit des 
dichters hingang zu erklecklichstem nutzen der betheiligten erben wie der 
Verlagshandlung ausgebeutet sein werden, welchen in steigenden progres- 
sionen zufälit, was der dichter selbst nur in kleinem masze empfieng und 
ihn der lebenssorgen noch nicht überhob. mit allgemeinem Unwillen ist 
neulich die durch herrn von Cotta ertheilte ablehnende antwort auf den an- 
trag eines für das Schillerfest zu schmückenden abdrucks der keine 500 verse 
starken glocke gelesen worden, wonach diesem als strafbarem nachdruck 
strengstens entgegen getreten werden solle, in einem augeublick da durch 
die feiei; selbst und unmittelbar ein überreich erhöhter absalz einzelner wie 
der gesammtwerke herbei geführt sein musz. 
Fürwahr von Göthe und Schiller ist ihrer nachkommenschaft und 
ihrem Verleger weich gebettet, doch allen rühm haben jene dahin, 
O des Wunders und der umkehr! vor hundert oder anderthalb hundert 
jahren in seinem schulstaub hätte kein classischer philolog eine erhebung 
deutscher dichtkunst, wie sie von ihnen bereitet ward, nur für möglich 
gehalten; heute in volles recht eingesetzt strahlt sie selbst auf Schöpfungen
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.