20
thaten nach verdienst theilhaftig geworden sei. aufkeimende wirkliche ta-
lente sind deren meistentheils unbedürftig und jede reiche begabung macht
heutzutage, wie ihr ruf wächst, sich selber luft. Es wäre wünschenswertb
dasz auf anlasz der allgemeinen feier, die wir begehen, diese ohne zweifei
wolgemeinten Stiftungen sich besonnen und umschlügen, so dasz sie aus dem
ertrag der zugeflossenen mittel, wie weit er reicht, lieber leibhafte werke
hervorgehen lieszen. an mehr als einem platze, zu Marbach und anderswo,
würden von künstlers hand geschaffene bildseulen Schillers aufzurichten sein
und dann einem dauernden freudenfeuer gleich leuchten im lande; laszt uns
den kostenaufwand dafür und für die salbe der weihe nicht abgefordert wer
den zur niederlage in den allverschlingenden, immer hungrigen armenseckel!
wahrer dürftigkeit beizuspringen an rechter stelle und zu guter stunde stehen
immer fühlende herzen bereit.
Noch ein anderes, gröszeres denkmal unsern dichtem zu errichten
bleibt in herausgabe ihrer werke, wie bisher sie nicht einmal begonnen, ge
schweige denn vollbracht ist. der uns heute vor hundert jahren geborne
ruht nun schon über fünfzig im schosz der erde und seine gedichte liegen
immer nicht so vor äugen, dasz wir ihre folge und Ordnung, die Verschie
denheit der lesart überschauen, alle ihre eigenthümlichkeit aus sorgfältiger
erwägung ihres Sprachgebrauchs kennen lernen, dann der textfeststellung in
würdiger äuszerer gestalt uns erfreuen könnten, für Schiller, es ist wahr,
ist mehr geschehen als für Göthe und dieser fällt auch viel schwerer, die
neulich erscheinende französische Übersetzung Schillers, geleitet und ausge
führt von Regnier, einem gründlichen kenner nicht nur unserer heutigen
deutschen sondern auch der altdeutschen spräche, geht in manchem muster
haft voran. Göthe und Schiller haben ihre gedichte vielfach umgearbeitet, oft
weichen die texte von einander ab wie kaum stärkerbei mittelhochdeutschen ge-
dichten, und nicht überall wird man die neue lesart der alten vorziehen, es ist
aber nothwendig und höchst belehrend beide und alle texte so viel es gibt zu
kennen. Was die über kurz oder lang zu bewerkstelligenden kritischen,
dann die noch eher entbehrlichen ganz zuletzt das werk krönenden Pracht
ausgaben aufhält und hindert ist die monopolische berechtigung und bevor-
zugung des dermaligen Verlegers, der schon mehrfache und zahlreiche ab-
drücke der schillerschen werke veranstaltet und abgesetzt, sich aber, so viel
öffentlich bekannt, zur längst bevorstehenden festfeier gering gerüstet hat.