Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 212
Denken und reden sind bedingungen des menschengeschlechts, Ursache ^
seiner freiheit, quelle aller sprachen, der mensch redet weil er denkt, und ^ ^ ^
denkt auch wenn er schweigt^ 1 ) das geredete drang aus seiner seele, er
würde stumm geblieben sein, hätte er sich nicht an einen andern richten
können, dem er es anheim gäbe, theilnehmender antwort gewärtig, rede
setzt immer anrede, sprechen setzt erwiedern, spräche also menschliche ge-
selligkeit voraus, ohne gemeinschaft keine fortzeugung, ohne menge der
menschen keine sprachbildung; im anfang ist die spräche so wenig erschaf
fen, als die erde gleich von bewohnern erfüllt war. alles seiende muste
werden, d. h. von dem kleinsten punkte ausgehen und zunehmen, denkkraft
und spräche wuchsen und erhöhten sich durch einander, der menschen un-
veräuszerliches erbtheil.
Bei der spräche beginn und entfaltung stiegen alle namen auf aus
Wörtern des empfundnen seins (nomina ex verbis), mit ihnen wurden redende, QaA Qßnfttlhv
angeredete und alles wovon rede gieng in die gewohnheit der sprechenden aiiex
eingeführt; die ganze natur galt für lebendig und nicht nur menschen, auch .
thiere, pflanzen und jegliches ding, indem sie die betraehtung anregten, for
derten zu Worten auf. alle wesen erzeigten sich damals noch wie in eigner
macht, und pronomina gab es nicht, solch ein zustand, auf den wir blosz
zurückschlieszen dürfen reicht über unsere geschichte hinaus ins dunkel des
fernsten alterthums. ^
Es wird die früheste geistige abstraction der spräche gewesen sein, an ^ranw . ^
die stelle des sinnlichen, aber unbeholfnen nennens, des überladenden wie- ( 'hoch ^
derholens allgemeine ersatzwörter zu schaffen, aus deren einverleibter an-
( 1 ) man sehe die etymologien im auslauf A. \J\dl
Abhandlungen der philos.-hist. Kl. 1856. Nr. 1. A
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