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über den Ursprung der spräche.
und allen aus dem gegenwärtigen sprachstand nach dem etjmon eines Wortes
forschenden pflegt es damit fehlzuschlagen, da sie weder die bildungstheile
von der wurzel rein abzulösen noch den sinnlichen gehalt derselben zu er
mitteln vermögen.
Anfangs entfalteten sich, scheint es, die Wörter unbehindert in idylli
schem behagen, ohne einen andern haft als ihre natürliche vom gefühl an
gegebne aufeinanderfolge; ihr eindruck war rein und ungesucht, doch zu voll
und überladen, so dafs licht und schatten sich nicht vertheilen konnten. (*)
Allmälich aber läfst ein unbewust waltender sprachgeist auf die nebenbegriffe
sehwächeres gewicht fallen und sie verdünnt und gekürzt den hauptvorstel-
lung als mitbestimmende theile sich anfügen, die flexion entspringt aus
dem einwuchs lenkender und bewegender bestimmwörter, die nun wie halb
und fast ganz verdeckte triebräder von dem hauptwort, das sie anregten,
mitgeschleppt werden, und aus ihrer ursprünglich auch sinnlichen bedeu-
tung in eine abgezogne übergegangen sind, durch die jene nur zuweilen noch
schimmert. Zuletzt hat sich auch die flexion abgenutzt und zum blofsen
ungefühlten Zeichen verengt, dann beginnt der eingefügte hebel wieder gelöst
und fester bestimmt nochmals äufserlich gesetzt zu werden; die spräche
büfst einen theil ihrer elasticität ein, gewinnt aber für den unendlich gestei
gerten gedankenreichthum überall mafs und regel.
Erst nach gelungner Zergliederung der flexionen und ableitungen, wo
durch Bopps Scharfsinn so grofses verdienst errungen hat, hoben sich die
wurzeln hervor und es ward klar, dafs die flexionen gröfstentheils aus dem
anhang derselben Wörter und Vorstellungen zusammen gedrängt sind, welche
im dritten Zeitraum gewöhnlich aufsen voran gehn, ihm sind präpositionen
und deutliche Zusammensetzungen angemessen, dem zweiten flexionen, Suf
fixe und kühnere composition, der erste liefs freie Wörter sinnlicher Vorstel
lungen für alle grammatischen Verhältnisse auf einander folgen. Die älteste
spräche war melodisch aber weitschweifig und haltlos, die mittlere voll ge
dungener poetischer kraft, die neue spräche sucht den abgang an Schönheit
durch harmonie des ganzen sicher einzubringen, und vermag mit geringeren
mittein dennoch mehr.
(*) man könnte sagen, dafs die flexionslose chinesische spräche gewissermafsen in der
ersten bildungsperiode verharrt sei.