24
Jacob Gbimm
die formabnahme hat z.b. auch im gothischen oder lateinischen bereits begon
nen und für die eine wie die andere spräche darf man eine vorausgegangene
ältere und reichere gestalt ansetzen, die sich zu ihrem classischen bestand ver
hält wie dieser etwa zum neuhochdeutschen oder französischen, anders und
allgemein ausgedrückt, ein erreichter gipfel der förmlichen Vollendung alter
spräche läfst sich historisch gar nicht feststellen, so wenig die ihr entgegen
gesetzte geistige sprachausbildung heute auch schon zum abschlufs gelangt
ist, sie wird es noch unabsehbar lange zeit nicht sein. Es ist zulässig selbst
dem sanskrit voraus noch einen älteren sprachstand zu behaupten, in wel
cher die fülle seiner natur und anlage noch reiner ausgeprägt gewesen wäre,
die geschichtlich wir gar nicht mehr erreichen.
Ein verderblicher fehler würde aber sein, und er scheint mir gerade
bei Untersuchung der Ursprache hemmend eingewirkt zu haben, jene Vollen
dung der form noch höher aufwärts und bis in ein vermeintes paradis zurück
zu verlegen, vielmehr ergiebt der beiden letztem sprachperioden aneinan
der halten, dafs wie an den platz der flexion eine auflösung derselben getre
ten sei, so auch die flexion selbst aus dem verband einmal erst entsprungen
sein müsse. Nothwendig demnach sind drei, nicht blofs zwei staffeln der
entwickelung menschlicher spräche anzusetzen, des Schaffens, gleichsam
Wachsens und sich aufstellens der wurzeln und Wörter, die andere des em-
porblühens einer vollendeten flexion, die dritte des triebs zum gedanken,
wobei die flexion als noch nicht befriedigend wieder fahren gelassen und was
im ersten Zeitraum naiv geschah, im zweiten prachtvoll vorgebildet war,
die Verknüpfung der worte und gedanken abermals mit hellerem bew r ustsein
bewerkstelligt wird. Es sind laub, blüte und reifende frucht, die, wie es die
natur verlangt, in unverrückbarer folge neben und hinter einander eintreten.
Durch die blofse nothwendigkeit einer ersten unsichtbaren, den beiden an
dern für uns sichtbaren perioden voraus gegangnen wird, dünkt mich, der
wahn eines göttlichen Ursprungs der spräche ganz beseitigt, weil es gottes
Weisheit widerstritte dem, was eine freie menschengeschichte haben soll,
im voraus zwang an zu thun, wie es seiner gerechtigkeit entgegen gewiesen
wäre, eine den ersten menschen verliehne göttliche spräche für die nachle-
benden von ihrem gipfel herab sinken zu lassen.
Mit betrachtung der spräche, wie sie im letzten Zeitraum erscheint,
allein würde man nie dem geheimnis ihres Ursprungs näher getreten sein,
naA UJi\K<-t£\AxaAA.Ks^ffa-i. Cu, Y]ttt*Aa {«Sa j
DtA i-aoal
M -A4*»—. d&AAM JfrJt V
TuAjhjtitA
c)oj>