Full text: Über den Ursprung der Sprache

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Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 205 
über den Ursprung der spräche. 7 
und volles haus zu halten: denn sie spart ohne zu geizen, sie gibt reichlich aus 
und vergeudet nie. 
Treten wir aber dem eignen element der spräche näher, fast die 
ganze natur ist lautes und klanges erfüllt, wie sollte er ihrem edelsten ge- 
schöpfe dem menschen nicht schon in der Schöpfung ertheilt worden sein? 
machen die thiere mit ihrer der menschensprache gleich endlos verschiednen 
stimme sich nicht unter einander verständlich, erschallt der vögel manigfal- 
ter gesang nicht durch alle lüfte? menschliche einbildung hat den thieren 
wirkliche spräche beigelegt, die sage meldet sogar, dafs im goldnen zeit- 
alter alle thiere noch mit den menschen traulich gesprochen hätten, dafs 
sie seitdem ihre spräche nur verhielten, aber im augenblick des drangs aus 
brechen liefsen, wie Bileams eselin, als ihr unrecht widerfahren und der engel 
des herrn erschienen war, das wort erhob, diese redete in menschenweise, 
andere thiere sollen in ihrer eignen spräche, oder wie es zu heifsen pflegt, 
in ihrem w T elsch und latein sich vernünftig unterreden, was hören und ver 
stehn könne, wer durch genufs einer weifsen schlänge oder eines drachen- 
herzens künde davon sich erworben habe, so sangen dem Sigurd, nachdem 
er Fafni erlegt und seine fingerspitzen in dessen herzblut getaucht hatte, die 
vögel auf den ästen was ihm ferner noch zu thun übrig sei. (*) 
Wir unterscheiden die gesamte natur in eine todte und lebendige, 
womit nicht zusammen fällt, dafs sie stumm oder laut sei. unter den ele- 
menten stumm ist nur die träge erde, denn die luft saust und heult, das 
feuer sprüht, knistert, prasselt, dem meer legen wir rauschen ( 2 ) bei, dem 
bach klingeln, murmeln, plätschern, ja sein geriesel dünkt uns ein 
schwatzen und plaudern (garrulus rivus.) Gleich der erde geben die star 
ren steine keinen laut von sich, auch den lebendigen, an den boden ge 
fesselten, gangs unfähigen pflanzen wurde er nicht verliehen: wenn baum 
blätter flüstern, ists der wind der sie von aufsen rührt. Allen thieren da 
gegen ist bewegung und gefühl verliehen, nicht allen stimme, denn die fische 
bleiben lautlos, von den insecten machen sich nur hörbar die schwirrend im 
flug durch ihre athemlöcher luft stofsen oder harte flügeldecke an einander 
reiben; aus ihrem innersten durch ihren inund geht keine stimme. Aber 
(*) fataque vocales praemonulsse boves. 
Tibull. II. 5, 78. 
( 2 ) (pXoic-fiog. S’ciXaa-Ta Y^ystTarct. 
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