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Jacob Grimm
des kranken gesundheit hergestellt. Das abschneiden des haupts erklärt
etwa den unverbrannt bestatteten jünglingsschädel in Childerichs grab; ge
nau aber stimmt zu der herulischen sitte sich ihrer abgelebten greise zu
entledigen oder der skythischen und altnordischen ihre alten vom fels zu
stürzen, dafs auch in Thüringen gestattet war, aufgegebnen und verzwei
felten siechen, bevor der natürliche tod eintrat, das leben zu nehmen, wo
durch sie wol gar erst des feuerbrandes wdirdig wurden. Aus der lex An-
gliorum et Werinorum steht für diesen nicht das geringste zu gewinnen.
Noch minder als bei Franken und Thüringen läfst sich unter den
länger dem heidenthum anhängenden SACHSEN das verbrennen der todten
in abrede stellen. Die epist. 72 Bonifacii (ed. Würdtw. p. 192) vom j. 745
besagt: nam in antiqua Saxonia si virgo paternam domum cum adulterio
maculaverit, aliquando cogunt eam propria manu per laqueum suspensam
vitam finire, et super bustum illius incensae et concrematae corruptorem
ejus suspendunt; die an sich selbst hand an zu legen genöthigte wurde nach
her verbrannt, weil es brauch war alle todten zu verbrennen. Das im j. 785,
wahrscheinlich zu Paderborn ergangne capitular Carl des grofsen verordnet
cap. 7 (Pertz 3, 49): si quis corpus defuncti hominis secundum ritum Pa-
ganorum flamma consumi fecerit et ossa ejus ad cinerem redegerit, capite
punietur; und cap. 22: jubemus ut corpora Christianorum Saxanorum ad
cimeteria ecclesiae deferantur et non ad tumulos Paganorum. diese an ihrer
gestalt kennbaren tumuli und der brand war den bekehrern ein so grofser
greuel als das essen des pferdefleisches.
Dafs im zehnten und eilften jahrh. unter dem niederdeutschen volk
noch manche erinnerung an das verbrennen der todten haftete, verraten uns
züge bei den geschichtschreibern. Thietmar von Merseburg erzählt 1,7,
zur zeit bischofs Balderich von Utrecht (928 bis 977) habe ein priester in
der morgendämmerung eine neuerbaute kirche zu Deventeri betretend die
todten opfer bringen sehn und sei in der folgenden nacht, als er auf des
bischofs geheifs in der kirche wache hielt, von den geistern heraus geworfen,
endlich in der dritten nacht von ihnen ergriffen und dem altar gegenüber zu
asche verbrannt worden: et ecce solita venientes hora elevaverunt eum,
coram altari eum ponentes et in favillas tenues corpus ejus resolventes. der
volkswahn liefs diesen verstorbnen geistlichen von (heidnischen) geistern,
denen der kirchenbau zuwider war, den flammen übergeben. Als im j. 1017