Ich will dem was das altdeutsche recht von den Verhältnissen der grenze mel
det aufschlüsse ab zu gewinnen suchen über die landtheilung und für die
mythologie. Sollten sie noch geringfügig erscheinen, die aus den rechtsquel
len geschöpften oder auch lebendiger volkssage abgehörten altvaterischen
brauche selbst wird man bei ihrer Schmucklosigkeit gern vernehmen, hin und
wieder gewagte anlehnungen an das classische alterthum gestatten. Denn
auch das mufs dem unsrigen die geneigtheit, deren es noch lange bedarf, eh
man auf seine ergebnisse ein wenig trotzen kann, leichter zuwege bringen,
dafs nicht selten gelingt den dürren buchstab der urkunden mit dem athem
lebendiger Überlieferung zu erwärmen und in der freien luft zu erfrischen,
die uns aus den so reichen und vielseitigen werken der Griechen und Römer
anweht, dafs sie selbst unsrer barbarei begegnen können.
Es leuchtet ein wie wesentlich der begrif der grenze mit dem des eigen-
thums sich verknüpfe. Wenn das unser eigen ist worüber wir schalten und
walten, so setzt solches schalten und walten absonderung der gegenstände
voraus. Bewegliche Sachen, was unser recht fahrende habe nennt, sind ihrer
natur nach schon durch ihre gestalt gesondert; der aneinander hängende lie
gende grund und boden fordert eine scheide, und diese landscheide ist es
welche wir grenze heifsen: ohne grenze sind eigenthum und besitz am land
unmöglich. Damit dafs die Völker sich allmälich über die unbewohnte erde
ergossen, w r urde sie ihnen soweit zu eigen als sich ihre herschaft erstreckte
und weder durch das flutende meer, durch unwirtliche Urwälder und gebirge
noch durch den entgegen rückenden nachbar aufgehalten war. Alles dem
grundeigenthum eines volks zugefallne land muste aber, wenn es genutzt wer
den sollte, unter Stämme, geschlechter und einzelne menschen weiter ausge-
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