deutsche grenzalterthümej\
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Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. Dr 197
gangrain, drei vom almendeweg, der zwischen kirche und stadt liegt. Acker
hat die wiese, wiesgrund den waldgrund, waldgrund den rohrgrund zu mes
sen, rohrgrund das wasser, wasser den netzwurf zu theilen. Da wo keine
steine liegen können, dafs man sie sehen mag, soll Stange und stock die rohr
gründe scheiden.
Das ist die künstliche, von hammerwurf, schneeschmelze und hahn-
flug völlig abweichende landmessung; aber die namen solskipt und soldragen
nöthigen vorauszusetzen, dafs dabei ein bestimmter stand der sonne, man
mufs denken, in regelmäfsig kehrender jahrszeit beobachtet und nach den
himmelsgegenden orientiert wurde. Wahrscheinlich fand auch dabei priester-
liche leitung und aufsicht statt. Mittensommer oder die Sonnenwende (unser
Johannistag) wird, wie ich mutmafse, dabei den ausschlag gegeben haben.
Nun ist bekannt, dafs auch die agrimensoren ihren cardo und decu-
manus zur zeit des aequinoctium regelten, erst unwissendere messer mit dem
zufälligen stand der sonne zu andern jahrzeiten sich behalfen. Noch lange
wurden die limites nach Sonnenuhr gezogen: limites in sextam horam con-
versi (Frontinus p. 116. 134); zwischen landmessung und tempelschau be
stand aber deutlicher Zusammenhang und alle limites scheinen nach analogie
des templum gezogen. Das templum könnte die mutter der gemessnen flur
heifsen, wie jene schwed. tompt des ackers mutter. Da wo auf limitiertem
felde cardo und decumanus sich durchschnitten, durften auspicien so gut als
im tempel selbst vorgenommen werden. Der pflüg aber rifs die erste heilige
furche in den erdboden (*).
Niemand wird die schon aussterbende schwedische solskipt begreifen
wollen aus einer nachahmung der altrömischen limitation, die zur zeit wo ein
frühster einflufs classischer gebrauche auf den norden annehmbar wäre, un
ter den agrimensoren selbst bereits verwildert war. Es ist hier, wie so oft,
Urverwandtschaft da, neben welcher besonderheiten und abweichungen un
ter jedem volk in menge stattfinden.
( 1 ) Festus: primigenius sulcus dicitur, qui in nova urbe condenda tauro et vacca desig-
natur, ut haec copulatio jumenti velut exemplum conjugii sit (vgl. Tac. Germ. cap. 18).
Es war altslavischer brauch, wenn ein dorf angelegt wurde, ein joch oclisen vor den pflüg
zu spannen, deren einer weifs, der andere schwarz sein muste. Diese rinder umpflügten
des neuen dorfes grenze, und die gezogne furche hiefs poln. zagon, böhm. zahon, d. i. acker
beet, aufserhalb des zagon war alles cudzo, böhm. cuzo d. i. fremd.
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